270 3. Abthl. Die Ehrengerichte. Die Militärgerichtsverwalt. u. Gefängnißwes.
V. Feigheit.
§. 84. Wer während des Gefechts aus Feigheit die Flucht ergreift
und die Kameraden durch Worte oder Zeichen zur Flucht verleitet, wird
mit dem Tode bestraft.
§. 85. Mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer aus
Feigheit
1) bei dem Vormarsche zum Gefecht, während des Gefechts oder
auf dem Rückzuge von seinem Truppentheile heimlich zurück-
bleibt, von demselben sich wegschleicht oder sich versteckt hält, die
Flucht ergreift, seine Waffen oder Munition wegwirft, oder im
wche läßt, oder sein Pferd oder seine Waffen unbrauchbar
macht, oder
2) durch Vorschützung einer Verwundung oder eines Leidens, oder
durch absichtlich veranlaßte Trunkenheit sich dem Gefechte oder
vor dem Feinde einer sonstigen, mit Gefahr für seine Person
verbundenen Dienstleistung zu entziehen sucht.
In minder schweren Fällen tritt Gefängniß von Einem Jahre bis zu
fünf Jahren und Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes ein.
§. 86. Ist in den Fällen des §. 65 durch die Feigheit ein erheb-
licher Nachtheil verursacht worden, so tritt Zuchthaus nicht unter fünf
Jahren, und wenn der Tod eines Menschen verursacht worden, Zuchthaus
nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliches Zuchthaus ein.
§. 87. Wer in anderen, als den in den 8§§. 84 und 85 benannten
Fällen aus Besorgniß vor persönlicher Gefahr eine militärische Dienst-
pflicht verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft; zu-
gleich kann auf Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes erkannt
werden.
§. 89. Hat der Thäter in den Fällen der 88. 85 und 86 nach der
That hervorragende Beweise von Muth abgelegt, so kann die Strafe unter
den Mindestbetrag der angedrohten Freiheitsstrafe ermäßigt und in den
Fällen der §§. 85 und 87 von der Bestrafung gänzlich abgesehen werden.
VI. Strafbare Handlungen gegen die Pflichten der
militärischen Unterordnung.
§. 89. Wer im Dienste oder in Beziehung auf eine Diensthandlung
die dem Vorgesetzten schuldige Achtung verletzt, insbesondere laut Beschwerde
oder gegen einen Verweis Widerrede führt, wird mit Arrest bestraft.
Wird die Achtungsverletzung unter dem Gewehr oder vor versammelter
Mannschaft begangen, oder stellt sich dieselbe als eine Drohung dar, so ist
auf strengen Arrest nicht unter vierzehn Tagen oder auf Gefängniß oder
Festungshaft bis zu drei Jahren zu erkennen.
§. 90. Wer auf Befragen in dienstlichen Angelegenheiten dem Vor-
gesetzten wissentluth die Unwahrheit sagt, wird mit Arrest bestraft.
§. 91. Wer einen Vorgesetzten oder im Dienstrange Höheren beleidigt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren und, wenn die Beleidigung
im Dienste oder in Beziehung auf eine Diensthandlung begangen, mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.
Ist die Beleidigung durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen
oder Abbildungen begangen, so ist auf Gefängniß oder Festungshaft bis
zu fünf Jahren zu erkennen.