Full text: Heerwesen und Dienst in der königlich bayerischen Armee.

272 3. Abthl. Die Ehrengerichte. Die Militärgerichtsverwalt. u. Gefängnißwes. 
1t ri*i nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Freiheits- 
rafe ein. 
Q Neben Gefängniß und neben Festungshaft ist auf Dienstentlassung zu 
erkennen. 
§. 98. Ist ein Untergebener dadurch, daß der Vorgesetzte ihn vor- 
schriftswidrig behandelt oder die Grenzen seiner Dienstgewalt überschritten 
hat, gereizt und auf der Stelle zu einer der in den §§. 89 bis 97 be- 
zeichneten strafbaren Handlungen hingerissen worden, so ist, wenn die 
Handlung mit dem Tode oder mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bedroht 
ist, auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren zu erkennen; ist zeitige 
Freiheitsstrafe angedroht, so kann die Strafe bis zur Hälfte des Mindest- 
betrages der angedrohten Freiheitsstrafe, und wenn diese Hälfte mehr als 
Ein Jahr beträgt, bis auf die Dauer eines Jahres ermäßigt, gegen Offiziere 
auch von der Dienstentlassung abgesehen werden. 
Stellt sich die Handlungsweise des Vorgesetzten als eine Mißhandlung 
oder sonst als herabwürdigende Behandlung des Untergebenen dar, so kann 
die Strafe, wo die Hälfte des Mindestbetrages der angedrohten Strafe 
mehr als sechs Monate beträgt, auf die Dauer von sechs Monaten er- 
mäßigt werden; die Strafe darf nicht den dritten Theil des Höchstbetrages 
der angedrohten Strafe übersteigen. 
§. 99. Wer eine Person des Soldatenstandes zur Verweigerung des 
Gehorsams, zur Widersetzung oder zu einer Thätlichkeit gegen den Vor- 
gesetzten auffordert oder anreizt, ist gleich dem Anstifter zu bestrafen, wenn 
die Aufforderung oder Aureizung die strafbare Handlung oder einen straf- 
baren Versuch derselben zur Folge gehabt hat. 
Ist die Aufforderung oder Anreizung ohne Erfolg geblieben, so ist 
auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren, im Felde auf mittleren oder strengen 
Arrest oder auf Gefängniß oder Festungshaft bis zu fünf Jahren zu er- 
kennen. Die Strafe darf jedoch, der Art und dem Maße nach, keine 
schwerere sein, als die auf die Handlung selbst angedrohte. 
§. 100. Wer mehrere Personen des Soldatenstandes auffordert oder 
anreizt, gemeinschaftlich entweder dem Vorgesetzten den Gehorsam zu ver- 
weigern oder sich ihm zu widersetzen oder eine Thätlichkeit gegen denselben 
zu begehen, wird ohne Rücksicht darauf, ob ein Erfolg eingetreten ist, wegen 
Aufwiegelung mit Gefängniß nicht unter fünf Jahren bestraft. 
Ist durch die Handlung ein erheblicher Nachtheil für den Dienst ver- 
ursacht worden, so tritt Gefängniß nicht unter zehn Jahren ein; im Felde 
kann auf lebenslängliches Gefängniß erkannt werden. 
§. 101. Wer unbefugt eine Versammlung von Personen des Sol- 
datenstandes behufs Berathung über militärische Angelegenheiten oder 
Einrichtungen veranstaltet, oder zu einer gemeinsamen Vorstellung oder 
Beschwerde über solche Angelegenheiten oder Einrichtungen Unterschriften 
sammelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft; zugleich 
kann auf Dienstentlassung erkannt werden. 
Die an einer solchen Versammlung, Vorstellung oder Beschwerde 
Betheiligten werden mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bestraft. 
§. 102. Wer es unternimmt, Mißvergnügen in Beziehung auf den 
Dienst unter seinen Kameraden zu erregen, wird, wenn dies durch münd- 
liche Aeußerungen geschieht, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. 
Ist die Handlung durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen 
oder Abbildungen oder ist sie im Felde begangen, so ist auf mittleren oder
	        
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