III. Abschn. Die Militärgerichtsverwaltung. 287
Der Oberstaatsanwalt wohnt den Sitzungen des Militärobergerichts
an und stellt seine Anträge, betheiligt sich aber nicht an Berathung und
Abstimmung.
G. Von der Vertheidigung.
Jeder Beschuldigte hat das Recht, sich einen Vertheidiger zu wählen
oder, wenn die Verhandlung beim Bezirksgerichte stattfindet, sich die Auf-
stellung eines solchen von Amtswegen zu erbitten.
Dem Vertheidiger steht — nach Rechtskraft des Verweisungserkennt-
nisses — die Einsicht der Akten sowie die Befugniß zu, im Interesse des
Beschädigten liegende Anträge zu stellen, denselben bei den mililtärgericht-
lichen Sitzungen zu verbeistanden und die dem Beschuldigten freigelassenen
Rechtsmittel gegen gerichtliche Urtheile und Beschlüsse mit Spezialvollmacht
vehlelben anzumelden und dieselben auch ohne solche Vollmacht auszu-
ühren.
. Eine Stellvertretung durch einen bevollmächtigen Vertheidiger bei den
Militärstrafgerichten ist nur zulässig im Ungehorsamsverfahren wegen Ver-
brechens und bei dem Militärobergerichte.
Geht die Anklage auf ein Verbrechen und macht der Angeschuldigte
— in dem vom Gerichtsdirektor mit ihm vorzunehmenden Verhöre —
von dem Rechte sich einen Vertheidiger zu wählen keinen Gebrauch, so
wird ihm ein solcher von Amtswegen bestellt.
Vertheidiger können bei gemeinen Verbrechen und Vergehen nur
Rechtsverständige, bei militärischen Verbrechen und Vergehen auch
Offiziere und Militärbeamte sein. Im letzteren Falle kann, wenn für das
militärdienstliche Interesse die Zulassung eines Vertheidigers aus dem
Civilstande nachtheilig erachtet wird, die Wahl eines solchen im Ver-
weisungsbeschlusse untersagt werden.
Zur Uebernahme der Vertheidigung von Amtswegen sind ver-
pflichtet:
Advokaten und geprüfte Rechtskandidaten, welche sich am Sitze des
Militärgerichts befinden, einschließlich der Militärgerichtspraktikanten, dann
bei militärischen Vergehen und Verbrechen die aktiven Offiziere und
Militärbeamten, welche sich am Gerichtssitze befinden.
II. Militärstrafverfahren.
A. NVon der Voruntersuchung.
Das Militärstrafverfahren richtet sich im Allgemeinen nach den für
das bürgerliche Strafverfahren in den Landestheilen rechts des Rheines
geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
(Alle die Verübung einer strafbaren Handlung durch eine Militärperson be-
treffenden Anzeigen sind unmittelbar an denjenigen Kommandeur zu richten, welchem
die Anordnung des strafgerichtlichen Verfahrens zusteht.
Die bei den Abtheilungen und Dienstesstellen schriftlich zu fertigenden Anzeigen
sind auf Diensteseid zu erstatten und haben eine möglichst erschöpfende Darstellung
der strafbaren That, der gegen den muthmaßlichen Thäter vorliegenden Verdachts-
gründe und der zu Gebote stehenden Beweismittel zu enthalten. Der Anzeige ist
Nationale mit Strafauszug bezw. Personal= und Qualisikationsbericht des Ver-
dächtigen beizulegen.)