290 3. Abthl. Die Ehrengerichte. Die Militärgerichtsverwalt. u. Gefängnißwes.
Ist der Angeschuldigte in Haft, so wird ihm durch den Gerichts-
sekretär der Tag der Hauptverhandlung und die Zeugenliste bekannt ge-
geben, Abschrift des Verweisungsbeschlusses zugestellt und er über die ihm
zustehende Befugniß, weitere Zeugen und Sachverständige vorzuschlagen,
sowie über das Recht, sich einen Vertheidiger zu wählen oder um Auf-
stellung eines solchen von Amtswegen zu bitten, belehrt und hierüber
Protokoll errichtet.
Befindet sich der Angeklagte auf freiem Fuße, so geschehen diese
Zustellungen und Eröffnungen schriftlich. Die Zustellung erfolgt an Mili-
tärpersonen des Dienststandes durch die vorgesetzte Dienstesstelle.
Nicht am Sitze des Bezirksgerichtes Dienstpräsente haben ihre hierauf
bezüglichen Erklärungen innerhalb der festgesetzten Frist bei der vorgesetzten
Dienstesbehörde abzugeben.
Die Anfertigung der Geschwornenliste geschieht mehrere Tage vor
der Hauptverhandlung. Sowohl der Staatsanwalt als der Angeschuldigte
haben das Ablehnungsrecht. Der Angeklagte bis zu 4 in den Fällen,
wo zwölf zum Wahrspruch erforderlich sind, in den andern Fällen bis
zu 2. Der Staatsanwalt ist befugt, in den ersteren Fällen zwei, in
anderen einen von den Geschwornen abzulehnen.
(Im Felde unterbleibt die Mittheilung der Geschwornendienstliste sowohl an
den Staatsanwalt, als an den Angeklagten und kann eine Ablehnung von Ge-
schwornen erst bei der Hauptverhandlung selbst und zwar nur unter Angabe von
Grriineen, stattinden, über deren Zulässigkeit sodann der Gerichtshof endgültig
entscheidet.
Bei der
C. Hauptverhandlung
theilen sich die dem Schwurgerichtspräsidenten zukommenden Befugnisse
zwischen dem Vorsitzenden und dem Gerichtsdirektor in der Art, daß
Ersterem alle auf Aufrechthaltung der Ordnung und Handhabung der
Disciplin während der Verhandlung bezüglichen Funktionen und die exe-
kutive Gewalt hinsichtlich der Beschlüsse des Gerichtshofes, Letzterem da-
gegen die Leitung der Verhandlung und die damit verbundene diskretio-
näre Gewalt zukommen.
Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung unter kurzer Bekanntgabe des
Gegenstandes der Verhandlung und läßt den Angeschuldigten vorführen,
worauf der Gerichtsdirektor die zur Funktion berufenen Geschwornen ein-
zeln bei Namen und Charge, vom Hoöchstchargirten beginnend, aufruft
und beeidigt. Nach dem Beeidigungsakte beginnt die Verhandlung.
Der Zutritt zur Hauptverhandlung ist nur erwachsenen männlichen
Personen gestattet; die Oeffentlichkeit der Verhandlung kann außer
den für die Schwurgerichte maßgebenden Fällen auch dann ausge-
schlossen werden, wenn besondere militärdienstliche Interessen dies er-
heischen. Im ersteren Falle darf die Anwesenheit bei der Hauptverhand-
lung dem Stadtkommandanten und dem Kommandeur des Truppentheils
c., dem der Beschuldigte angehört, nicht verweigert und im letztern Falle
dürfen nicht ausgeschlossen werden: 1) der Beschädigte, 2) die Mit-
glieder der Militärgerichte, 3) die erwähnten Kommandeure, 4) drei Ver-
wandte, Verschwägerte oder Freunde des Angeschuldigten, wenn dieser
deren Anwesenheit wünscht. Der Vorsitzende ist jedoch befugt, auch in