Full text: Heerwesen und Dienst in der königlich bayerischen Armee.

III. Abschn. Die Militärgerichtsverwaltung. 291 
solchem Falle noch anderen, als den in Ziffer 1—4 bezeichneten Personen 
den Zutritt zu gestatten. 
Der Vorsitzende bestraft Zuhörer und Zeugen des Militärstandes, 
welche die Ordnung stören oder sich sonst ungeeignet betragen, insofern 
nicht strafrechtliche Verfolgung angezeigt ist, nach den Disciplinarbe- 
stimmungen; ebenso ungeziemendes Benehmen des Angeklagten von Amts- 
wegen; Beschimpfungen eines Zeugen oder offenbar unbegründete oder 
nicht zur Sache gehörige Beschuldigungen auf Antrag des Zeugen oder 
des Staatsanwalts oder auch von Amtswegen mit Arrest bis zu 8 Tagen, 
im Falle der Haft des Angeklagten durch Schärfung der Haft in der 
Dauer von 8—14 Tagen. Ausschreitungen des Vertheidigers vom Mili- 
tärstande kann der Vorsitzende mit Verweis, im Wiederholungsfalle oder 
bei Uebertretungen, wie oben erwähnt, gegen Zeugen mit Arrest bestrafen. 
Die Entziehung des Wortes setzt jedoch einen Gerichtsbeschluß voraus. 
Einem Vertheidiger des Civilstandes kann unter gleicher Voraus- 
setzung das Wort entzogen und seine Bestrafung bei der ihm vorge- 
setzten Dienstesstelle oder zuständigen Gerichte beantragt werden. 
Stellt sich eine als militärischer Reat verwiesene That als ein gemein- 
strafrechtlicher oder umgekehrt heraus, so wird hiedurch die Aburtheilung 
durch den Gerichtshof nicht aufgehalten. 
Stellt sich ein als schwereres (mit mehr als 5 Jahre Zuchthaus 2c. 
bedrohtes) Verbrechen in der Verhandlung als ein geringeres Verbrechen 
oder Vergehen dar, so bleibt der für ersteres bestellte Gerichtshof zur Ab- 
urtheilung kompetent. Nicht so umgekehrten Falles. Hier hat sich der 
Gerichtshof nach Schluß der Verhandlung entweder auf Antrag des 
Staatsanwaltes oder von Amtswegen für unzuständig zu erklären und die 
Verweisung der Sache zur Hauptverhandlung wegen jenes schwereren 
Verbrechens vor das hiefür zuständig besetzte Gericht zu beschließen. 
Ist der Angeklagte vernommen und die Zeugen verhört worden, so 
wird das Beweisverfahren geschlossen, und erhält zur Begründung der 
Anklage der Staatsanwalt, nach diesem der Angeklagte und dessen Ver- 
theidiger das Wort. Nach allenfallsiger Replik und Duplik werden die ge- 
setzlichen Schuldfragen an die Geschwornen gestellt, die sich in ihr Be- 
rathungszimmer begeben. 
(Als Obmann fungirt der Dienstälteste der höchsten Charge. Derselbe ist 
dienstlich dafür ver antwortlich, daß keiner der Geschwornen vor Beendigung 
der Berathung das Zimmer verlasse oder während derselben Jemand eintrete. 
Er hat die Berathung und Abstimmung zu leiten. Die je niedere Charge gibt vor 
höheren und in jeder Charge der im Dienstalter jüngere vor dem älteren die 
Stimme ab. 
Bei zwölf Geschwornen sind zum Schuldausspruche sowie zur Bejahung der 
Frage, ob die That unter einem eine schwere Qualifikation begründenden Umstande 
begangen worden, acht Stimmen Mehrheit, zur Verneinung von Strafmilderungs- 
gründen oder mildernden Umständen sieben Stimmen nothwendig. Bei sechs Ge- 
schwornen sind sowohl zur Bejahung der auf die Schuld oder höhere Qualifikation 
der That gerichteten Frage, als zur Verneinung von Strafmilderungsgründen vier 
Stimmen Mehrheit erforderlich. 
Nach der Berathung kehren die Geschwornen in den Sitzungssaal 
zurück und verkündet der Obmann den Wahrspruch mit der Einleitung: 
„Auf Ehre und Gewissen der Wahrspruch der Geschwornen ist folgender“ 
ꝛc. 2c. Hierauf erhält der Staatsanwalt das Wort zur Beantragung des 
Strafmaßes. Nach ihm der Vertheidiger. Hierauf begibt sich der Gerichts- 
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