Full text: Heerwesen und Dienst in der königlich bayerischen Armee.

III. Abschn. Die Militärgerichtsverwaltung. 293 
geführten Verfahren, noch in dem gegen ihn erlassenen Strafurtheile ein 
Nichtigkeitsgrund vorliege, so werden die Akten mit Gutachten des 
Oberstaatsanwaltes dem Kriegsministerium und von diesem mit gutacht- 
lichem Berichte dem König zur Entschließung wegen allenfallsiger Begnadi- 
gung in Vorlage gebracht. 
(Im Felde erfolgt diese Vorlage an den Kommandirenden, wenn und soweit 
diesem vom Könige das Begnadigungsrecht verliehen worden ist.) 
(K.-M.-R. v. 4. März 1874, Nr. 3529.) In jenen Fällen, in welchen Offiziere 
zur Entfernung aus dem Heere oder zur Dienstentlassung rechtskräftig verurtheilt 
werden, oder gegen Beamte des Heeres auf Amtsverlust erkannt wird, bezw. solcher 
in Folge des Urtheils von Rechtswegen einzutreten hat, soll mit der vorgeschriebenen 
Berichterstattung über das Untersuchungsergebniß jedesmal eine Abschrift des Urtheils- 
tenors dem Kriegsministerium eingesendet und zugleich der Vollzug der Abschreibung 
des Verurtheilten in den betreffenden Büchern und Listen unter Bezeichnung des 
Tages berichtlich angezeigt werden. 
Justiz-M.-R. v. 11. Aug. 1875, Nr. 10408. V.-Bl. 56. Die in F. 38 Lit. C 
des R.-M.-G. v. 2. Mai 1874 als Angehörige des aktiven Heeres aufgeführten 
Civilbeamten der Militärverwaltung sind nach Art. 4 der Militärstrafgerichtsordnung 
vom 29. April 1869 in der durch die Gesetze vom 28. April und 27. Septbr. 1872 
(die durch die Einführung des Strafgesetzbuches für das deutsche Reich bedingten 
Abänderungen der Militärstrafgesetze betr.) hergestellten Fassung in Strafsachen der 
militärgerichtlichen Zuständigkeit entrückt und unterstehen den bürgerlichen Straf- 
erichten. 
. Bei Einleitung strafrechtlicher Untersuchung gegen einen Beamten dieser Kate- 
gorien werden daher zunächst jene gesetzlichen Vorschriften zu beachten sein, welche 
bisher bei Untersuchungen gegen Staatsbeamte oder öffentliche Diener maßgebend 
waren, wobei insbesondere auf Art. 70 und 71 des Strafprozeßgesetzes vom 
10. November 1848 verwiesen wird. 
Nachdem jedoch diese Beamten nicht nur ihrer vorgesetzten Verwaltungsstelle, 
sondern als Angehörige der aktiven Armee und Inhaber eines militärischen Amtes 
auch einem militärischen Befehlshaber dienstlich unterstellt sind, so verlangt die Rück- 
sicht auf diese dienstliche Stellung, daß bei einem strafrechtlichen Vorgehen gegen 
solche Beamte nicht nur die gesetzlich vorgeschriebene Befragung oder Verständigung 
der vorgesetzten Militärverwaltungsstelle stattfindet, sondern daß alle der letzteren 
zugehenden Mittheilungen gleichzeitig auch den jeweilig militärischen Befehlshabern. 
zur Kenntniß gebracht werden. 
Sollte es in einzelnen Fällen nothwendig werden, Untersuchungshandlungen 
in militärischen Dienstgebäuden vorzunehmen oder innerhalb eines solchen zur Ver- 
haftung eines Civilbeamten der Militärverwaltung zu schreiten, so ist die ein- 
schlägige Militärbehörde vorher geeignet zu verständigen und ihr anheimzugeben, 
einen ulilitärischen Vertreter zu dem Akte abzuordnen.) 
E. Vom Standrechte. 
Das Standrecht wird den Truppenkörpern vor ausgerückter Mann- 
schaft unter Trommelschlag oder Trompetenschall verkündet. Diese Ver- 
kündung soll enthalten: 
1) Die genaue Benennung der Verbrechen, für welche das Stand- 
recht angeordnet worden; « 
2) die ausdrückliche Verwarnung vor Verübung solcher Verbrechen; 
3) die Drohung, daß Jeder, der ein solches Verbrechen begehe, 
standrechtlich gerichtet und mit dem Tode bestraft werde. 
Das standgerichtliche Verfahren kann zu jeder Stunde vorge— 
nommen werden, wird mit entsprechender militärischer Bedeckung unter 
freiem Himmel abgehalten, ist mündlich und muß mit Einschluß der Exe-
	        
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