Achte Abtkeilung.
Waffen und Munition.
I. Abschnitt.
Die Waffen.
1. Geschichtliche Uebersicht, das Infanteriegewehr betreffend.
Die Hauptwaffe der Infanterie war in früherer Zeit die Picke und
noch zu Anfang des dreißigjährigen Krieges stand der Pickenier, Doppel-
söldner, viel höher in der Achtung als der Musketier. Damals bestand
das Fußvolk zu gleichen Theilen aus Pickenieren und Musketieren; dann
veränderte sich das Verhältniß zu Gunsten der letztern wie 1:3 und 1685
sind die Pickeniere in der bayerischen Armee ganz abgeschafft worden.
Die Picke selbst aber blieb bei den Unteroffizieren als Kurzgewehr,
bei den Offizieren als Esponton noch fast ein Jahrhundert lang in Gebrauch.
Doch hatte Churfürst Ferdinand Maria schon 1669 der Republik
Venedig nach Candia ein Regiment zu Fuß unter dem Obersten Leopold
von Bühren geschickt, das blos mit Musketen bewaffnet war?).
Durch die 1682 errichteten Grenadiere wurde die Infanteriebewaffnung
durch die Flinte und die Handgranate vermehrt; auch die Grenadieroffiziere
führten die Flinte.
Erwähnungswerth — wenn auch nicht in die Praxis übergegangen —
mag immerhin sein, daß Johann Steinweg und Johann Stern in
München 1694 einen Hinterlader?) nebst eisernen Patronen hiezu con-
struirten, ebenso eine besondere Patrontasche, und zwar ist es das System,
welches Lefaucheux in neuester Zeit entweder nachmachte oder selbst erfand,
nemlich den Lauf an der Schwanzschraube durch ein Charnier zu öffnen.
Ferner ein Revolvergewehr mit einer Kammer zu 6 Schüssen““*) aus
der Zeit Karl Albrechts; dasselbe ist ein Jagdgewehr, reich mit Silber
eingelegt.
Besondere Verbesserungen fanden bei den Militärgewehren gegenüber
andern Staaten nicht statt, man blieb aber auch nicht zurück. Das Bajonet
war dreischneidig. Alles wurde in der einheimischen Fortschauer Gewehr-
fabrik erzeugt.
*) Im Nationalmuseum zu München sind noch zwei Gewehre aus dieser Zeit.
*“) Ebenda.
* ) Ebenda.