Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Entscheidungen und Scheidungen. 185 
  
Kriegsschiffen so völlig zu entblößen. Was aber in den baltischen Ge- 
wässern zurückgehalten wurde, das schwächte die ostasiatische Position 
Rußlands und erleichterte diejenige Japans und Großbritanniens. Oas 
gleiche galt von der russischen Armee. 
Aun könnte als Argument gegen die Auffassung: Großbritannien 
habe gewünscht, die russische Stellung in Ostasien vernichtet zu sehen, 
vielleicht angeführt werden, daß das Bündnis mit Japan lediglich strenge 
Neutralität auferlegte für den Fall, daß der andere es nur mit einem ein- 
zigen Gegner zu tun habe, Großbritannien also der japanischen Flotte 
von vornherein überließ, allein mit der russischen fertig zu werden. Dar- 
auf wäre das Folgende zu sagen: Natürlich haben die britischen Staats- 
männer und Marinefachleute nicht voraussehen können, daß die japa- 
nische die russische Flotte vernichten würde. Sie haben aber gewußt, 
daß die japanische Flotte mehr leisten würde, als man gemeinhin annahm, 
und daß die russische Flotte nicht so imponierend war, wie sie aussah. 
Da aber die russische Flotte an Schiffszahl die japanische erheblich über- 
traf, so entstand dadurch scheinbar ein gewisser Ausgleich, und das Er- 
gebnis der britischen Vorberechnungen dürfte gewesen sein, daß in einem 
Kampfe miteinander beide Flotten sehr bedeutend geschwächt hervor- 
geben würden. Das war auch das wünschenswerteste Ergebnis für Eng- 
land, viel wünschenswerter, als daß eine der beiden kämpfenden Flotten 
völlig vernichtet werden, die andere die ostasiatischen Gewässer beherrschen 
würde. 
Wie Lord Salisbury in jener Zeit aussprach, hatten sich die englische 
und japanische Politik schon seit mehreren Zahren in engster Fühlung 
miteinander befunden, keiner Nacht war es bekannter als gerade Eng- 
land, daß Fapan seit dem Jahre 1896 unentwegt rüstete, um die Scharte 
von Schimonoseki auswetzen zu können. Ohne beritische Unterstützung 
hätten, trotz der chinesischen Kriegsentschädigung, Japan die erforderlichen 
Geldmittel gefehlt. Rußland war von vornherein der Feind. Daß Korea 
vor allem das Ziel der japanischen Wünsche war, lag nicht nur an sich 
auf der Hand, sondern der Bündnisvertrag anerkannte ausdrücklich auch 
die politischen Interessen Japans auf dieser Halbinsel. 
Rußland hatte nur äußerlich ziemlich klein beigegeben und in seinem 
Vertrage mit China die etappenweise Räumung der Mandschurei im 
Laufe der kommenden anderthalb JZahre versprochen. Oie Entscheidung 
vertagte sich damit. Für Rußland war der Grund dieser Befristung wohl 
in erster Linie, daß man sich dann für den Krieg im fernen Osten bereit 
erachtete. Zetzt glaubte man weder zur See, noch auf dem Lande mili- 
tärisch fertig zu sein. Dazu kam, daß die Bahn nach Port Arthur noch 
unvollendet war. In Würdigung des Ernstes der politischen Lage begann
	        
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