Reiches in der Welt um so stärker wirke, je weniger sein Ursprung bekannt
sei. Dasselbe läßt sich, und zwar in weit höherem Grade, vom Judentum
sagen. Das deutsche Geschlecht, das heute lebt, kann die Größe des jü-
dischen Einflusses auf allen Gebieten des Lebens in der Zeit vom Anfang des
Zweiten Reiches bis zu seinem Ende klar erkennen, vollends an der Hand des
sich jetzt von Jahr zu Jahr häufenden Materials der seit 1933 unbehinderten
Erforschung des Wirkens der Juden in Deutschland. Es sind viele, die dieses
Schauder und Staunen erregende Bild mit Kopfschütteln in sich aufnehmen,
und mit der Frage, wie denn so etwas in Deutschland möglich gewesen und
geworden sei. Die Geschichte gibt über alles Aufschluß, und es ist unsere
Pflicht, neben dem Wissen über das neunzehnte, das jüdische, Jahrhundert,
auch vorurteilslos verstehen zu trachten, wie es kam und möglich wurde,
daß die uns vorausgegangenen deutschen Generationen so tief unter dem
jüdischen Einfiuß auf beinahe alien Gebieten des Lebens geraten sind. Im-
merhin kann festgestelit werden, daß unter allen Staaten Europas die
widerstrebenden Strömungen im deutschen Volke am längsten sich mit
freilich allmählich abnehmendem Erfolge gegen die volle staatsbürgerliche
Eingliederung der Juden gewehrt haben.
Schwer zu verstehen ist, daß Bismarck die von Stöcker und manchen
anderen festgestellte Schädlichkeit und Gefährlichkeit der jüdischen Presse
in Abrede stellte. Seiner Meinung nach beschäftigte sich die jüdische Presse
nicht mit Politik, sondern bekümmerte sich in der Hauptsache um Geld-,
um Finanzfragen und das Geschäft überhaupt. Es ist keine Übertreibung,
daß dieser Standpunkt des Kanzlers in seiner tatsächlich unermeßlichen
Tragweite ein schweres nationales Unglück gewesen ist. Bismarck hat sich
mit den tieferen Zusammenhängen der Pressearbeit nicht beschäftigt. Er
brachte der Presse im ganzen eine außerordentliche Geringschätzung ent-
gegen. Sein Wort war bekannt: Journalisten würden nur solche Leute, die
ihren Beruf verfehlt gehabt hätten, überhaupt verkrachte Existenzen. Die
ungeheure Last von Arbeit, Kampf und Verantwortung, die auf seinen
Schultern drei Jahrzehnte hindurch lag, hat ihm vielleicht nicht die Mög-
lichkeit gelassen, sich mit dem Thema Presse näher zu beschäftigen. Eulen-
burg erzählt in seinen Erinnerungen, wie er dem Kanzler in einer abend-
lichen Unterhaltung den Gedanken unterbreitet habe: Deutschland sei be-
kannt als das Land der vielen Examina. Warum führte man denn keinePrü-
fungen für den werdenden Journalisten ein ? Bismarck sei sehr aufmerksam
gewesen und habe schließlich gesagt, eine solche Einführung würde viel-
leicht möglich sein nach einem siegreichen Kriege. Eine gewisse Nachdenk-
lichkeit über die Presse geht hieraus immerhin hervor. Jede nähere Be-
schäftigung mit dem Thema würde den Scharfblick Bismarcks auf die her-
Q Beventlow: Von Potsdam nach Doorn 161