Bismarck knüpft an den Schluß des prinzlichen Briefes an, der Prinz sei
sich bewußt, daß Friedrich der Große sein Ahnherr sei, und sagt: ‚Es lag
nicht in der Art des Großen Königs, sein Vertrauen auf Elemente wie das der
Inneren Mission zu setzen.‘ Für solche Vereine und Reden gelte das Wort:
Wie gewonnen, so zerronnen! Persönlichkeit und Name des zukünftigen
Kaisers dürften mit diesen Vereinen und so weiter nie in Beziehungen ge-
setzt werden. Unter den genannten Namen der Waldersee-Versammlung
seien viele, die die Innere Mission lediglich als Brücke für sich betrachteten
und dadurch gute Beziehungen zum künftigen Kaiser vorzubereiten ver-
suchten. ‚Ich bin nicht bestrebt, Mißtrauen zu wecken, wo Vertrauen be-
steht; aber ein Monarch kann ohne einiges Mißtrauen erfahrungsmäßignicht
fertig werden, und Ew. Kgl. Hoheit stehen dem hohen Beruf zu nahe, um
nicht jedes Entgegenkommen daraufhin zu prüfen, ob es der Sache gilt, um
die es sich handelt, oder dem künftigen Monarchen und dessen Gunst.‘
In dringender Sorge mahnt Bismarck aus seiner langen Erfahrung den
Kaiser um Vorsicht, auch der Geistlichkeit gegenüber. ‚Ich habe nichts
gegen Stöcker, er hat für mich nur den einen Fehler als Politiker, daß er
Priester ist, und als Priester, daß er Politik treibt.‘‘ Er, Bismarck, habe seine
Freude an der tapferen Energie Stöckers und an seiner Beredsamkeit, aber
er habe keine glückliche Hand, seine Erfolge vermöge er nicht unter Dach zu
bringen; ‚jeder gleich gute Redner, und deren gibt es, entreißt sie ihm“.
Stöcker mache Bismarck das Leben schwer und übe auf die Konservative
Partei einen ungünstigen Einfluß aus. ‚Der evangelische Priester ist, sobald
er sich stark genug fühlt, zur Theokratie ebenso geneigt wie der katholische,
und dabei ist schwerer mit ihm fertig zu werden, weil er keinen Papst über
sich hat. Ich bin ein gläubiger Christ, aber ich fürchte, daß ich in meinem
Glauben irre werden könnte, wenn ich, wie der Katholik, auf priesterliche
Vermittlung zu Gott beschränkt wäre.
Alle Vereine, bei welchen der Eintritt und die Tätigkeit der einzelnen Mit-
glieder von diesen selbst abhängig ist und von ihrem guten Willen und per-
sönlichen Absichten, sind als Werkzeuge zum Angreifen und Zerstören des
Bestehenden sehr wirksam zu verwenden, aber nicht zum Bauen und Er-
halten‘ und so weiter. —
Prinz Wilhelm antwortete kurz und verstimmt und wies auf die unzähligen
Zuschriften und Zustimmungsadressen hin, die er erhalten habe. Immerhin
werde er Stöcker bestimmen lassen, sich von der offiziellen Leitung der
Stadtmission zurückzuziehen. Wie eine Drohung für die Zukunft klingt es,
wenn der Prinz weiter schreibt: nunmehr müsse aber jene Verdächtigung
„meiner Absichten und Stellung verstummen‘‘ — ‚wenn nicht, dann wehe
denen, wenn ich zu befehlen habe!“
172