Full text: Von Potsdam nach Doorn.

monoseki, 1895, gemißbilligt: es sei keinerlei vertretbarer Grund für die 
deutsche Politik gewesen, sich mit Japan anzulegen. Auch diese Sorge Bis- 
marcks ist durch die Geschichte bestätigt worden: Als im Weltkriege die 
Japaner ihre Flagge auf den Trümmern der Festung Tsingtau geheißthatten, 
riefen sie und schrieben ihre Zeitungen: ‚Das ist die Rache für Schimo- 
noseki !“ 
In der begründeten Erwartung, daß es mit Bismarcks Leben nicht mehr 
lange währen könne, legte der Kaiser in den allerletzten Jahren Wertdarauf, 
der Öffentlichkeit den Anschein zu geben, als ob eine tatsächliche Ver- 
söhnung eingetreten sei, außerdem versuchte er, Bismarck für seine Flotten- 
pläne zu benutzen. 
Mit dem Jahre 1897 war Admiral Tirpitz Staatssekretär des Reichs- 
marineamtes geworden, hatte dem Kaiser einen organischen Plan zum Auf- 
bau einer Flotte vorgelegt. Eine von Tirpitz geschickt geleitete Propaganda 
für die Notwendigkeit der Entwicklung der deutschen Seemacht durchdrang 
das ganze Land. Tirpitz fuhr mit Genehmigung des Kaisers nach Friedrichs- 
ruh und erhielt schließlich vom Fürsten die Erklärung, daß er für die Flotten- 
vorlage stimmen würde, wenn er auch sonst in manchen Dingen anderer Mei- 
nung zu sein schien. Damit hatte der Admiral auch die Zustimmung der 
ganzen ‚„Bismarck-Presse‘‘ und somit eine wesentliche Unterstützung 
erhalten. 
Zum Schluß dieses Besuches bat er den Admiral, dem Kaiser zu sagen: 
er wünsche nichts anderes, als allein gelassen zu werden und in Frieden zu 
sterben. Seine Aufgabe sei getan, es gäbe für ihn keine Zukunft und keine 
Hoffnungen mehr. 
Noch ein letztes Mal kam Tirpitz in Begleitung des Kaisers, unmittelbar 
nach einer plötzlichen Ansage, nach dem Abschied von dem nach Tsingtau 
gehenden Prinzen Heinrich. Admiral Tirpitz schreibt in seinen ‚Erinne- 
rungen‘ u. a. die folgenden Sätze: 
„Wir gingen gleich zu Tisch, Bismarck setzte sich mit fremder Unter- 
stützung, war aber, nachdem er saß, wieder ganz frisch. Ich hatte den Platz 
schräg gegenüber dem Fürsten, neben dem der Kaiser saß, zu meiner Seite 
der spätere Generaloberst von Moltke. Der Fürst versuchte, politische Ge- 
spräche anzustimmen, über unser Verhältnis zu Frankreich usw. Zu meinem 
größten Bedauern ging der Kaiser auf diese Gespräche nicht ein, sondern es 
wurde die an der kaiserlichen Tafel häufige Anekdötchen-Unterhaltung ge- 
führt. Immer, wenn Bismarck von Politik anfing, vermied es der Kaiser, 
darauf zu achten. Moltke flüsterte mir zu: ‚Es ist furchtbar‘ ; wir fühlten den 
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