Full text: Von Potsdam nach Doorn.

würde; die Chinesen hatten keinerlei brauchbare Kriegsschiffe, zweitens 
hatten sie alles gegeben, was man von ihnen verlangt hatte, nämlich das 
Gebiet von Kiautschou dem Deutschen Reiche überlassen. 
Über die geschwollenen Reden lachte das Ausland, und in Deutschland 
benutzten die Unterwühler der Monarchie sie, Kaiser und Kaisertum herab- 
zusetzen und zu verhöhnen. Die anderen Deutschen empfanden die Lächer- 
lichkeit bitter und begriffen auch die politische Schädlichkeit der beiden 
Reden. Die Wendung des Kaisers an seinen Bruder von der ‚„gepanzerten 
Faust‘ wurde in England gleich zum wirksamen Schlagwort erhoben für 
die kriegerischen und gewalttätigen Absichten des Deutschen Kaisers. Bei 
jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit las man in englischen 
Reden und Zeitungen von der deutschen Politik der ‚„mailed fist‘‘ (ge- 
panzerten Faust). 
Einige Monate später vereidigte der Kaiser Marinerekruten und erklärte 
ihnen — unter Hinweis auf China: ‚Wo der deutsche Aar Besitz ergriffen 
hat und die Krallen in ein Land hineingesetzt hat, das ist deutsch und wird 
deutsch bleiben.“ Nach weniger als zwei Jahrzehnten fiel Kiautschou in die 
Hände Japans! — Selbstverständlich wurde das Bild vom deutschen Aar, 
der irgendwo in der Welt seine Krallen einschlägt, von England und Frank- 
reich als Beweis dafür ausgerufen, daß der Kaiser überall auf gewalttätige 
Eroberungen ausgehe und so den Weltfrieden dauernd gefährde, während 
England und Frankreich nie so etwas getan, sondern nur unterdrückte 
Völker befreit hätten und zu Christentum, Freiheit und Zivilisation zu er- 
ziehen gewohnt seien. 
Gerechterweise muß man gerade zwischen denjenigen Reden, die der 
Kaiser zur Frage einer deutschen Seemacht gehalten hat, gewisse Unter- 
schiede machen. Wenn er im Herbst 1899 gelegentlich eines Stapellaufes 
sagte: „Bitter not tut uns eine starke Flotte‘‘, so hatte er sachlich recht und 
beeinflußte damals die Stimmung für die große Flottenvorlage von 1900. 
Wenn der Kaiser in einer anderen Rede aber rief: ‚Der Dreizack gehört in 
unsere Faust‘‘, so konnte kaum ein Ausdruck gewählt werden, der schäd- 
licher gewesen wäre: der Dreizack, das Wahrzeichen und die Waffe Poseidons 
bedeutete die Herrschaft über alle Meere. Der Dreizack war seit Beginn des 
19. Jahrhunderts das Zeichen der englischen Seeherrschaft. Keine bessere 
Propagandawaffe konnte der Kaiser den Führern Großbritanniens zu- 
werfen: der Deutsche Kaiser will uns, den Briten, den Dreizack Neptuns ent- 
reißen, uns unsere ruhmreich erkämpfte, von Gott gegebene und lebens- 
notwendige Seebeherrschung nehmen. Der Deutsche Kaiser hat dies mit 
klaren drohenden Worten gesagt! 
dal
	        
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