durchdrungen sein, daß er für seine Person mitverantwortlich ist für des
Vaterlandes Wohlfahrt.
Vielleicht hatte Wilhelm II. mit Bedacht immer nur vom König ge-
schrieben, nicht vom Kaiser, denn als solcher war er ja nur in seiner Eigen-
schaft als Bundespräsidium, also durch die vom Reichstag angenommene
Verfassung bestellt, während er als König von Preußen überlieferungsmäßig,
„aus eigenem Recht“ und von Gottes Gnaden, war. Wilhelm II. drückte
dies 1894 in einer Rede zu Königsberg folgendermaßen aus:
„Der Nachfolger dessen, der aus eigenem Recht souveräner Herzog in
Preußen wurde, wird dieselben Bahnen wandeln, wie sein großer Ahne; wie
einst der erste König ex me mea nata corona sagte, und sein großer Sohn
seine Autorität als ein rocher de bronce stabilisierte, so vertrete auch Ich,
gleich Meinem kaiserlichen Großvater: das Königtum aus Gottes Gnaden.“
Nicht als König, sondern in bezug auf das ganze deutsche Volk, also als
Kaiser, sprach er 1891 auf dem Brandenburgischen Provinziallandtag in
Abwehr der Entrüstung über die Entlassung Bismarcks in einer damals viel-
besprochenen Rede. Der Kaiser sagte unter anderem:
„Ich weiß es sehr wohl, daß es in der Jetztzeit versucht wird, die Gemüter
zu ängstigen. Es schleicht der Geist des Ungehorsams durch das Land, ge-
hüllt in schillernd verführerisches Gewand, versucht er, die Gemüter Meines
Volkes zu verwirren ... Ich lasse Mich dadurch nicht beirren ... Sie wissen,
daß Ich Meine ganze Stellung und Meine Aufgabe als eine Mir vom Himmel
gesetzte auffasse, und daß Ich im Auftrage eines Höheren, dem Ich später
einmal Rechenschaft abzulegen habe, berufen bin.‘
Und noch eine Probe: ‚Dieses Königtum von Gottes Gnaden, was aus-
drückt, daß wir Hohenzollern Unsere Krone nur vom Himmel nehmen und
die darauf ruhenden Pflichten dem Himmel gegenüber zu vertreten haben.
Von dieser Auffassung bin auch Ich beseelt, und nach diesem Prinzip bin Ich
entschlossen, zu walten und zu regieren.“
Hier war besonders das letzte Wort: ‚regieren geeignet, Bedenken zu er-
regen, Mißtrauen hervorzurufen und Widerspruch. Mochte der Kaiser auch
ausdrücklich nur für seine Eigenschaft als König von Preußen sprechen, so
lag auf der Hand, daß er sein Verantwortungsgefühl nicht teilen konnte:
eins für Preußen und eins für das Reich, eins Gott gegenüber, das andere der
Reichsverfassung gegenüber. Man merkte diesen Reden an, daß ihre Form
mit der sorgfältigen Betonung des Königtums einer Kritik vorbeugen sollte,
daß er auf absolutes Kaisertum hinarbeite. Die ganze offiziöse und General-
anzeigerpresse saß nach jeder solchen Kaiserrede schon kampfbereit zur
Rechtfertigung und zum Preisen da. Es waren naive Versuche und Irrtümer
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