Full text: Von Potsdam nach Doorn.

Sprechweise gegenüberzutreten und sie zugleich durch seine ‚‚faszinierende‘“‘ 
Unterhaltung vor den Anwesenden in Schatten zu stellen, was besonders 
auch von ihrer Umgebung übel empfunden wurde. 
Des Kaisers Unterhaltung und Kostümierung 
Wie die deutschen, so wurden auch ausländische Fürsten und Prinzen 
mit frisch-fröhlichen körperlichen Bezeugungen des kaiserlichen Wohl- 
wollens behandelt. ‚Der Großfürst Wladimir‘, so erzählt Zedlitz, ‚‚er- 
hielt einen Schlag mit dem Marschallstab des Kaisers in den Rücken, daß 
es knallte.‘“ Als während eines Essens die Schwester der Kaiserin einen 
Hustenanfall bekam, schlug er sie so lange in den Rücken, bis sie in un- 
wıllige Verlegenheit geriet, und sagte: das sei die beste Kur ın solchen 
Fällen. Anstatt sich zu bedanken, erklärte die Prinzessin, eine solche Kur 
wünsche sie nicht wieder. 
Von einer großen Jagd in Schlesien erzählt Zedlitz: 
„Seine Majestät drückte den Obersten v. B., Kommandeur eines Kaval- 
lerieregiments, längere Zeit in den Schnee, und rieb ihn dann zur Freude 
aller Umstehenden mit Schnee ein, so etwa wir ein stärkerer Schuljunge 
einen schwächeren behandelt. Die ganze Jagdgesellschaft und Hunderte von 
oberschlesischen Treibern waren Zuschauer. Noch schlimmer erging es dem 
Grafen Roger Seherr. Man bedenke, er ist preußischer Kammerherr, Mit- 
glied des Preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit, hat zwei Söhne als 
Offiziere bei den Leibgardehusaren, ist dreiundfünfzig Jahre alt, und hat 
durch seine großen Besitzungen eine sehr angesehene Stellung in Schlesien. 
Bei der ersten Begrüßung sagte ihm der Kaiser ganz laut: 
‚Was, Sie altes Schwein, sind hier auch eingeladen ?°“ 
Zedlitz bemerkte dazu: ‚Der Kaiser ahnt nicht, was für Feinde er sich 
durch diese Unvorsichtigkeiten macht, und wie bitter kränkend seine Art für 
die Menschen sein muß.“ 
Ähnliche Geschichten wurden von Persönlichkeiten, die sie an sich erlebt 
oder an anderen gesehen hatten, in unzählbarer Menge erzählt. Auf den 
Nordlandreisen mit seiner Jacht ‚Hohenzollern‘‘ veranstaltete der Kaiser 
mit den Eingeladenen jeden Morgen Freiübungen, und freute sich höchst 
über die meist älteren Gäste, wenn sie in der Kniebeuge verharren sollten 
und dabei umfielen oder komisch aussahen. 
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