aus, und das Bürgertum verlangte gleiches Recht für alle und Beseitigung
von Privilegien der in der Hauptsache aus dem Adel bestehenden Ober-
schichten.
Dieses: Gleichheit unter dem Gesetz! bedeutet eine der Grundlagen auch
der nationalsozialistischen Anschauung. Die Kabinettsregierung stand die-
sem Grundsatz entgegen. Sie betrachtete den Untertan als Objekt, ein
artiges oder ein unartiges, für den Fürsten und sein Kabinett. Dem National-
sozialismus ist das Volk das Subjekt, das seinem Führer sein Vertrauen be-
zeugt, in der Art, wie das deutsche Volk es seit 1933 auf die Befragung des
Führers tut. Jenes liberale Drängen bedeutete ein natürliches Recht, einen
natürlichen Anspruch auf Rechte und Gebräuche, die die herrschenden
Schichten ohne weiteres als Vorrechte inne hatten.
Dieser Anspruch rechtfertigte sich zugleich in der schnell steigenden wirt-
schaftlichen und sozialen Entwicklung des Bürgertums und damit seiner Be-
deutung für das wirtschaftliche und soziale Leben des Staates.
Nicht ebenso, jedoch ähnlich war es später mit der sozialen Frage, die zu-
erst in der Hauptsache eine solche der Handarbeiterschaft war. Daß und wie
diese auf ihren verhängnisvollen Weg geriet, der bis zum 9. November 1918
führte, wird uns nachher noch beschäftigen.
Schließlich: der nationalsozialistische Gedanke bildet den Gegensatz zu
einer Ordnung, die auf der einen Seite einen absoluten Erbmonarchen und
sein Kabinett, ferner eine privilegierte Schicht, auf der anderen nichtprivi-
legierte Schichten oder, wie sie später genannt wurden, Klassen zeigt. Sind
also die Wege des deutschen Liberalismus zu Irrwegen geworden, hat er im
Laufe der Jahrzehnte eine entscheidende Verunreinigung und Vergiftung
durch das Judentum erfahren, so kann doch gesagt werden, daß jene deut-
schen Liberalen, von deren hervorragenden Hauptvertretern einige genannt
wurden, ohne Ausnahme den Gedanken des deutschen Volkstums als Fern-
ziel vor Augen hatten und erkannten, daß die Einung des deutschen Volks
unvergleichlich wichtiger und wertvoller war als der bestehende Zustand.
Sie fühlten auch schon — was wir heute klar erkennen —, daß das deutsche
Volk einen lebendigen Organismus bedeutet und deshalb auch nach außen
darzustellen hat, und daß die Zerteilung in eine große Anzahl von sozusagen
wasserdichten Abteilungen in Gestalt vieler einzelner souveräner Staaten
wider die Natur des Volksgedankens und der Volkswirklichkeit ist. Ge-
schichtlich betrachtet war es selbstverständlich ein Fehler, wenn süddeut-
sche Fürsten in das entgegengesetzte Extrem verfielen und nach französi-
schem Muster Verfassungen zu geben versuchten, die weder in der Linie
irgendeiner Seite der deutschen Vergangenheit lagen, noch dem deutschen
Wesen entsprachen.
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