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(Nr. 1110.) Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste. Vom
9. Januar 1876.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des
Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
A. Ausschließliches Recht des Urhebers.
§. 1.
Das Recht, ein Werk der bildenden Künste ganz oder theilweise nachzu-
bilden, steht dem Urheber desselben ausschließlich zu.
§. 2.
Das Recht des Urhebers geht auf dessen Erben über. Dieses Recht kann
beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todes-
wegen auf Andere übertragen werden.
§. 3.
Auf die Baukunst findet das gegenwärtige Gesetz keine Anwendung.
§. 4.
Als Nachbildung ist nicht anzusehen die freie Benutzung eines Werkes der
bildenden Künste zur Hervorbringung eines neuen Werkes.
§. 5.
Jede Nachbildung eines Werkes der bildenden Künste, welche in der Ab-
sicht, dieselbe zu verbreiten, ohne Genehmigung des Berechtigten (§§. 1, 2) her-
gestellt wird, ist verboten. Als verbotene Nachbildung ist es auch anzusehen:
1. wenn bei Hervorbringung derselben ein anderes Verfahren angewendet
worden ist, als bei dem Originalwerk;
2. wenn die Nachbildung nicht unmittelbar nach dem Originalwerke,
sondern mittelbar nach einer Nachbildung desselben geschaffen ist;
3. wenn die Nachbildung eines Werkes der bildenden Künste sich an einem
Werke der Baukunst, der Industrie, der Fabriken, Handwerke oder
Manufakturen befindet;
4. wenn der Urheber oder Verleger dem unter ihnen bestehenden Ver-
trage zuwider eine neue Vervielfältigung des Werkes veranstalten;
5. wenn der Verleger eine größere Anzahl von Exemplaren eines Werkes
anfertigen läßt, als ihm vertragsmäßig oder gesetzlich gestattet ist.
§. 6.
Als verbotene Nachbildung ist nicht anzusehen:
1. die Einzelkopie eines Werkes der bildenden Künste, sofern dieselbe ohne
die Absicht der Verwerthung angefertigt wird. Es ist jedoch verboten,