Von Berträgen über Handlungen. 807
§. 952. Ist jedoch bei Werken, die zur Pracht und Zierde bestimmt sind, in der
adußerlichen Gestalt und Form derselben ein erheblicher Fehler begangen worden, so
findet, wenn auch dieser Fehler den Gebrauch der Sache an sich nicht hindert, dennoch
die Vorschrift §. 917 Anwendung.
§. 953. Eben das gilt, wenn der Sache eine ausdrücklich vorbedungene, wenn
gleich an sich außerwesenkliche, Eigenschaft ermangelt.
§. 954. Der Werkmeister haftet für die gegen die Regeln seiner Kunst begange-
nen Fehler, und muß dabei auch ein geringes Versehen vertreten.
§. 955. Hat er aber auf ausdrückliches Verlangen des Bestellers von den Re-
geln seiner Kunst abweichen müssen, so findet die Vorschrift des §. 923 Anwendung.
5. 956. Ist die Auswahl und Anschaffung der Materialien dem Werkmeister
überlassen worden, so muß er auch dabei ein geringes Versehen vertreten.
8. 957. Hat der Besteller die Materialien geliefert, und darüber kein Urtheil des
Werkmeisters verlangt, so haftet Letzterer für einen aus der Beschaffenheit dieser Mate-
rialien entstandenen Fehler nur alsdann, wenn dieselben zu der bestellten Arbeit offen-
bar untüchtig waren, und er den Besteller deshalb nicht gewarnt hat.
§. 958. Verlangt hbingegen der Besteller über die von ihm angeschafften Mate-
rialien das Urtheil des Werkmeisters, so haftet Letzterer bei dieser Beurtheilung nur
für ein mäßiges 30) Versehen.
§. 959. Unglücksfälle an den Materialien, während der Arbeit, treffen den Ei-
genthumer derselben.
§. 960. Wird das Werk selbst, vor der zur Uebergabe 3°) bestimmten Zeit,
durch einen Zufall vernichtet, oder unbrauchbar gemacht, so verliert der Werkmeister
Arbeitslohn und Auslagen 305).
§. 961. Hat der Besteller die Materialien geliefert, so muß er dieselben, so weit
sie noch vorhanden, und wie sie beschaffen sind, zurücknehmen.
§5. 962. Auch ist er in diesem Falle befugt, von dem Vertrage abzugehen, wenn
leich der Werkmeister zur Anfertigung eines neuen Werks, gegen den verabredeten
Kreis, und gegen Lieferung neuer Materialien, sich erbieten wolle.
§. 963. Hat aber in dem Falle des §. 960 der Werkmeister die Materialien au-
geschafft, so hängt es von diesem ab, ob er von dem Koutrakte abgehen, oder noch
zu dessen Erfüllung mit andern Materialien zugelassen sein wolle.
§. 964. Doch findet Letzteres nur in sofern statt, als entweder kein Termin zur
üblleferung bestimmt war, oder der Werkmeister die bestimmte Frist noch inne hal-
ten kann.
8. 965. Ereignet sich der Unglücksfall an dem Werke nach dem zur Ablieferun
bestimmten Termine, jedoch vor der wirklichen Uebergabe, so hat es bei den Vorschr
ten §§. 936, 937, 938 sein Bewenden.
§. 966. Wenn ein übernommener Bau vor der Uebergabe einstürzt, oder sonst Jusenderten
Schaden leidet, so wird vermuthet, daß der Unfall aus einem Fehler des Baumeisters genen Bauen.
entstanden sei 31).
30) Nach der Regel müßte er als Kunstverständiger für ein geringes Versehen verantwortlich sein.
§. 281, Tit. 5.
30 a) (4. A.) „Uebergabe“ bedeutet hier nicht die juristische Handlung der Tradition zur Ueber-
tragung des Eigenthums, soudern die Thatsache der Ablieferung. Bergl. o. die Anm. 24 zu §. 933.
30 d) (3. A.) Nicht deshalb, weil er Eigenthümer der spezifizirten neuen Sache wäre, sondern
weil er als Bermiether der Arbeit das Versprochene nicht leisten kann. Vergl., oben, Anm. 248 zu
§. 933. Der Satz folgt aus der locatio operis.
31) Die s§. 966, 967 bleiden außer Anwendung, wenn der Uebernehmer eines Baues kein Sach-
verständiger ist. Pr. des Obertr. 35, v. J. 1832. — (4. A.) Diese 88. sprechen auch nicht von Un-
glücksfällen während der Arbeit, mithin nicht von nur vollendeten Bautheilen, sondern von einem zur
ere fertigen Baue. Erk. des Obertr. vom 20. November 1862 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLVIII,