Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

550 Würtemberg. Kammer der Abgeordneten. 
trägt, daß solche Zustände nicht mehr fortgeführt werden können, das 
Bessere kommen wird. Ich bin aber auch der Ansicht, daß eben daraus, 
daß man in diesen friedlosen Zustand eingetreten ist, wo Niemand weif, 
wann der nächste Krieg entstehen wird, daß eben daraus sich eine Stirke 
Süddeutschlands ergeben hat, welche man weit mehr hätte ausnützen müssen 
in den Verträgen, als dieß geschehen ist. Wenn Preußen sich sagen muß, 
daß es wohl in wenigen Jahren wieder angegriffen werde, so mußte 
Preußen auch Bedenken tragen, allein dieser Zukunft entgegenzugehen: 
Preußen ist eben stark genug, jedem andern Staate zu begegnen, wenn es 
Süddeutschland zur Seite hat, und darin beruht die Stärke von Süd- 
deutschland, welche ihm ein freies Wort an Preußen gestattet hätte. Wer 
kann sagen, ob die Preußen jetzt vor Paris stehen würden, wenn die 
Baiern nicht mit ihnen gewesen wären? Meine Herren! Es ist nun um- 
sonst, zu erörtern, was wir hätten thun sollen; es ist nicht gethan worden, 
und was heute Ihnen vorgelegt ist, wird in ein paar Stunden von Ihnen 
angenommen sein. Aber erlauben Sie mir doch schließlich anzufühm, 
was nach meiner Ueberzeugung hätte geschehen sollen und können; es ist 
ein sehr einfacher Gedanke. Im Krieg sind wir nach außen groß geworden, 
und glauben Sie, daß diese Siege, wie sie vom August an in Frankreich 
erfochten worden sind, mir im innersten Herzen wohlgethan haben; ich bin 
auch mit fortgerissen worden ven dem Gedanken, daß Deutschland als der 
größte und mächtigste Staat Europa's aufgetreten ist. Aber wir erstreben 
nicht allein die Größe eines Gewaltstaates, — das hatte Frankreich auch. 
Wenn wir als Kulturstaat unsere Stellung einnehmen wollen, so müssen 
wir auch in den inneren Verhältnissen ebenso groß und hervorragend unter 
den Völkern Europa's dastehen. Ich hielt es für unsere Aufgabe, daß wir 
unsern heimkehrenden Soldaten nicht den Eintritt in den Nordbund böten, 
sondern sie eintreten ließen in einen Bund, der den Bedürfnissen der Frei- 
heit und der Wohlfahrt des Volkes entspräche, der ein Muster bildete für 
alle Staaten Europa's. Darnach zu streben und darum zu ringen mit 
der ganzen Kraft, welche auch einem kleinen Staate zukommt, wenn er für 
große Ideen eintritt, das wäre unsere Aufgabe gewesen, und dieser Auf- 
gabe ist nicht entsprochen worden. Mir aber ist es Pflicht, hier auszu- 
sprechen, daß sie hätte erreicht werden sollen und können. Wenn ich nun 
gleich hoffe und wünsche, daß denn doch in nicht gar zu ferner Zukunft 
diese Aufgabe noch werde gelöst werden, so sehen Sie doch wohl, daß ich 
mit diesen Anschauungen Nein zu den Vorlagen sagen muß). 
Hölder. Meine Herren! Der Hinweisung auf die öffentliche Meinung. 
auf den Volkswillen, der sich bei den Wahlen geltend gemacht, hat der Hen 
Abgerrdnete von Biberach eine historische Rückerinnerung entgegengebalten. 
  
*) Folgt nun die Rede von Schmid S. 55 r. m.
	        
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