In einem Hause, in welchem ein Cholerakranker sich befindet, können ge-
werbliche Betriebe, durch welche eine Verbreitung des Ansteckungsstoffs zu be-
fürchten ist, insbesondere Betriebe zur Herstellung und zum Vertriebe von Nah-
rungs- und Genußmitteln, Beschränkungen unterworfen oder geschlossen werden,
insoweit nach dem Gutachten des beamteten Arztes die Fortsetzung des Betriebs
als gefährlich zu betrachten ist.
Die Polizeibehörden der von der Cholera ergriffenen Ortschaften haben
dafür zu sorgen, daß Gegenstände, von denen nach dem Gutachten des beamteten
Arztes anzunehmen ist, daß sie mit dem Ansteckungsstoffe der Cholera behaftet
sind, vor wirksamer Desinfektion nicht in den Verkehr gelangen.
Insbesondere ist für Ortschaften oder Bezirke, in denen die Cholera ge-
häuft auftritt, die Ausfuhr von Milch, von gebrauchter Leibwäsche, alten und
getragenen Kleidungsstücken, gebrauchtem Bettzeuge, Hadern und Lumpen zu
verbieten. Ausgenommen sind zusammengepreßte Lumpen, welche in verschnürten
Ballen im Großhandel versendet werden; ferner neue Abfälle, welche unmittelbar
aus Spinnereien, Webereien, Konfektions- und Bleichanstalten kommen, Kunst-
wolle, neue Papierschnitzel, unverdächtiges Reisegepäck und Umzugsgut.
Bei gehäuftem Auftreten der Cholera ist in den von der Krankheit befallenen
Ortschaften oder Bezirken das gewerbsmäßige Einsammeln von alten Kleidungsstücken,
alter Leib- und Bettwäsche, Hadern und Lumpen im Umherziehen zu verbieten.
Einfuhrverbote gegen inländische, von der Cholera befallene Ortschaften
oder Bezirke sind nicht zulässig. Das Verbot der Einfuhr bestimmter Waren
und anderer Gegenstände aus dem Auslande richtet sich ausschließlich nach den
gemäß § 25 des Gesetzes in Vollzug gesetzten Bestimmungen.
Für gebrauchtes Bettzeug, Leibwäsche und getragene Kleidungsstücke, welche
aus einer von der Cholera betroffenen Ortschaft stammen und noch nicht wirksam
desinfiziert worden sind, kann eine Desinfektion angeordnet werden. Im übrigen
ist eine Desinfektion von Gegenständen des Güter- und Reiseverkehrs einschließlich
der von Reisenden getragenen Wäsche- und Kleidungsstücke nur dann geboten
und zulässig, wenn die Gegenstände nach dem Gutachten des beamteten Arztes
als mit dem Ansteckungsstoffe der Cholera behaftet anzusehen sind.
Weitergehende Beschränkungen des Gepäck- und Güterverkehrs sowie des
Verkehrs mit Post-(Brief- und Paket- Sendungen sind nicht zulässig.
In den von der Cholera befallenen oder bedrohten Bezirken können die in
der Schiffahrt oder der Flößerei beschäftigten Personen einer gesundheitspolizei-
lichen Überwachung unterworfen werden. Die Überwachung ist nach den in der
Anlage 1 enthaltenen Grundsätzen einzurichten.
4. Zu § 16. Jugendliche Personen aus Behausungen, in welchen ein
Cholerafall vorgekommen ist, müssen, soweit und solange nach dem Gutachten
des beamteten Arztes eine Weiterverbreitung der Krankheit aus diesen Behausungen
zu befürchten ist, vom Schulbesuche ferngehalten werden.
Das gleiche gilt hinsichtlich des Besuchs jedes anderen Unterrichts, an
welchem mehrere Personen teilnehmen.