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Reichs-Gesetzblatt.
Jahrgang 1911.
Nr. 31.
Inhalt: Gesetz, betreffend ben Patentausführungszwang. S. 248. — Kaiserliche Verordnung, betreffend
das Inkrafttreten der Maß- und Gewichtsordnung vom 30. Mai 1908. S. 246.
(Nr. 3900.) Gesetz, betreffend den Patentausführungszwang. Vom 6. Juni 1911.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats
und des Reichstags, was folgt:
Artikel I.
An die Stelle des § 11 des Patentgesetzes vom 7. April 1891 (Reichs-
Gesetzbl. S. 79) treten folgende Vorschriften:
Verweigert der Patentinhaber einem anderen die Erlaubnis zur
Benutzung der Erfindung auch bei Angebot einer angemessenen Ver-
gütung und Sicherheitsleistung, so kann, wenn die Erteilung der Er-
laubnis im öffentlichen Interesse geboten ist, dem anderen die Berech-
tigung zur Benutzung der Erfindung zugesprochen werden (Zwangs-
lizenz). Die Berechtigung kann eingeschränkt erteilt und von Bedin-
gungen abhängig gemacht werden.
Das Patent kann, soweit nicht Staatsverträge entgegenstehen,
zurückgenommen werden, wenn die Erfindung ausschließlich oder haupt-
sächlich außerhalb des Deutschen Reichs oder der Schutzgebiete aus-
geführt wird. Die Übertragung des Patents auf einen anderen ist inso-
fern wirkungslos, als sie nur den Zweck hat, der Zurücknahme zu entgehen.
Vor Ablauf von drei Jahren seit der Bekanntmachung der Er-
teilung des Patents kann eine Entscheidung nach Abs. 1, 2 gegen den
Patentinhaber nicht getroffen werden.
Artikel II.
Auf das Verfahren und die Entscheidung über die Erteilung der Zwangs-
lizenz finden die Vorschriften des Patentgesetzes über die Zurücknahme des Patents
Anwendung.
Reichs-Gesetzbl. 1911. 51
Ausgegeben zu Berlin den 10. Juni 1911.