4 Das Denische Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 10.)
im Extraordinarium um 6605816 MA — Die wirtschaftliche Entwickelung
sei günstig. Gehaltsaufbesserungen seien geplant in erster Reihe für
Beamte des Außendienstes, dazu gehören die Weichensteller, das Zug-
personal, Lademeister, Eisenbahnassistenten u. s. w., Förster, Schutzleute und
Gendarmen.
11. Januar. Abg. Frhr. v. Erffa (kons.) billigt die Aufwendung
großer Mittel für die Eisenbahnen. Für die Landwirtschaft sei die Seß-
haftmachung der Arbeiter zu fordern; selbst Kulis würden besser sein als
gar keine Arbeiter. Abg. Graf Praschma (3.) bedauert den Rücktritt
Podbielskis und wünscht Vermehrung der Gewerbeinspektorinnen und
generelle Erhöhung der Beamtengehälter. Abg. Dr. Friedberg (nul.) wünscht
den Ausbau der Bahnen zu vier Geleisen und liberalere Handhabung des
Einkommensteuergesetzes. Zu verurteilen sei die Behandlung der Lehrer
durch den Kultusminister und die Herrschaft der Orthodoxie in der Kirche
und an den Universitäten. Abg. Frhr. v. Zedlitz (freikons.) tadelt, daß der
Kultusetat trotz der im vorigen Jahre geäußerten Wünsche des Abgeord-
netenhauses nichts für die Lehrer bringe. Abg. Stychel (Pole) kritisiert
die Polenpolitik, die die Polen aus der staatlichen Verwaltung fernhalte
und die polnische Sprache durch die Schule ausrotten wolle. Kultusminister
Dr. v. Studt: Der Schulstreik sei nicht aus religiösen, sondern aus politi-
schen Gründen angezettelt. Die Volksschule müsse eine Einheitsschule
bleiben, daher sei die polnische Unterrichtssprache unmöglich.
12. Januar. Abg. Wiemer (fr. Vp.) fordert allgemeine Gehalts-
erhöhung mit Rücksicht auf die Fleischteuerung. Die Eisenbahntarifreform,
die leider ohne das Abgeordnetenhaus gemacht sei, bedeute einen Rück-
schritt. Eine Wahlreform sei driungend nötig. Abg. Brömel (fr. Vg.) ver-
mißt den großen Zug in den Ausführungen des Finanzministers. — Der
Etat wird an die Budgetkommission verwiesen.
10. Januar. (Düsseldorf.) Eine Anzahl Katholiken ver-
öffentlicht folgenden Wahlaufruf gegen das Zentrum:
Am 25. Januar steht das deutsche Volk einer wichtigen, folgen-
schweren Entscheidung gegenüber. Die Neuwahlen zum deutschen Reichs-
tage werden nicht nur über das Schicksal der Forderungen der Reichs-
regierung bestimmen, deren Ablehnung durch das Zentrum und die Sozial-
demokratie am 13. Dezember 1906 zur Auflösung des Reichstags geführt
haben. Es handelt sich bei dieser Wahl vor allem um die Frage, ob aus
derselben eine Mehrheit hervorgehen wird, die imstande und bereit ist, die
Reichsregierung in ihren Bestrebungen zur Erhaltung der Machtstellung
des Deutschen Reiches und der Sicherheit und Entwickelung unseres kolo-
nialen Besitzes rückhaltlos und dauernd zu unterstützen. Als Katholiken
müssen wir es tief beklagen, daß die Leitung des Zentrums sowohl bei der
letzten Abstimmung im deutschen Reichstag wie beim gegenwärtigen Wahl-
kampfe eine Haltung eingenommen hat, welche das patriotische und mon-
archische Empfinden weiter Kreise schwer verletzt. Dieselbe steht im direkten
Widerspruch zu den Grundsätzen, welche bei der Gründung des Zentrums
und im Kampfe desselben für die Rechte und Freiheiten der Kirche als
maßgebend anerkannt worden sind. Diese Grundsätze geben den Angehörigen
der Partei alle Freiheit der Entschließung und Abstimmung in allen natio-
nalen und wirtschaftlichen Fragen. Wenn jetzt Führer des Zentrums von
ihren Wählern und Abgeordneten die unbedingte Heeresfolge auch dort
verlangen, wo kirchliche Interessen weder bedroht noch berührt erscheinen,
dann sühlen wir uns als Katholiken und Vaterlandsfreunde verpflichtet,
gegen dieses Verfahren entschieden Verwahrung einzulegen. Ist das Zentrum,