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Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden im Falle des Blockade-
bruches keine Anwendung auf die Briefsendungen, die nach dem blockierten Hafen
bestimmt sind oder von ihm kommen.
Die Unverletzlichkeit der Briefpostsendungen entzieht die neutralen Postdampfer
nicht den Gesetzen und Gebräuchen des Seekrieges, also auch nicht dem Prisenrecht;
doch soll ihre Durchsuchung nur im Notfall unter möglichster Schonung und mit
möglichster Beschleunigung vorgenommen werden.
8. Wird die Beschlagnahme von Schiffen und Gütern von der Prisengerichts-
barkeit nicht bestätigt oder wird sie vor dem prisengerichtlichen Verfahren aufgehoben,
so haben die Beteiligten Anspruch auf Schadensersatz, es sei denn, daß ausreichende
Gründe für die Beschlagnahme vorlagen (vgl. 136 und 14h).
Letzteres ist stets der Fall, wenn seitens einer an Bord des Schiffes befindlichen
Person Schiffspapiere vernichtet oder beiseite gebracht sind oder wenn doppelte,
falsche oder gefälschte Schiffspapiere an Bord vorgefunden werden, sofern die letzt-
genannte Unregelmäßigkeit mit Umständen in Verbindung steht, die für die Auf-
bringung oder Freigabe des Schiffes von Bedeutung sind.
9. Auch gegen Jahlung einer Entschädigung wird der Kommandant nicht be-
rechtigt, Schiffe oder Güter, die der Aufbringung oder Beschlagnahme nicht unter-
liegen, gegen den Willen der Beteiligten anzufordern (zu requirieren).
Abschnitt U.
Feindliche Schiffe und ibre Ladung.
10. Feindliche Schiffe unterliegen mit Ausnahme der unter 6 genannten der
Aufbringung. Wegen der feindlichen Staatsschiffe vgl. 2.
11. Die Eigenschaft eines Schiffes als feindlichen oder neutralen Schiffes wird
durch die Flagge bestimmt, zu deren Führung es berechtigt ist.
Welche Flagge ein Schiff zu führen berechtigt ist, ergibt sich nach dem Flaggen-
recht fast aller Seestaaten aus einer amtlichen Urkunde (Schiffs., Register-, Nationa-
litäts. Zertifikat, Lettre de mer, Acte de Francisation, Zeebrief, Paß, Patent,
Fribreef usw.), die jedes Kauffahrteischiff an Bord haben muß.
Kann die Nationalität eines Schiffes nicht einwandfrei festgestellt werden, fehlt
insbesondere die nach dem Flaggenrecht des betreffenden Staates erforderliche Ur-
kunde, so ist das Schiff als feindliches zu behandeln.
12. Als feindliche Schiffe sind ferner diejenigen zu behandeln, die nach Beginn
der Feindseligkeiten von der feindlichen zu einer neutralen Flagge übergegangen sind, wenn
a) entweder der Kommandant nicht die Uberzeugung gewinnt, daß der Üüber-
gang auch ohne den Ausbruch des Krieges erfolgt wäre, z. B. infolge von
Erbgang, Bauvertrag;
b) oder der Übergang bewirkt ist, während das Schiff sich auf der Reise oder
in einem blockierten Hafen befand;
Tc) oder ein Rückkaufs- oder ein Rückfallsrecht vorbehalten ist;
) oder die Bedingungen nicht erfüllt worden sind, von denen das Flaggenrecht
nach der Gesetzgebung des Flaggenstaates abhängt.