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möglich, so ist das Schiff anzuweisen, seine Flagge niederzuholen und Fahrt und
Kurs nach den Befehlen des Kommandanten zu regeln.
Durch etwaiges Führen der Kriegsflagge wird das Schiff nicht zum Kriegsschiff.
96. Über die Aufbringung berichtet der Kommandant baldigst dem Chef des
Admiralstabes unmittelbar. Der Bericht muß enthalten: Name des Kapitäns und
des Schiffes, Flagge, die es beim Anhalten führte, Zeit, Ort und Gründe der Auf-
bringung. Das Prisenamt erhält bei der Einbringung Abschrift des Berichts.
97. Ergeben sich nach erfolgter Aufbringung Beweise dafür, daß ein Schiff
zu Unrecht aufgebracht ist, so ist es unverzüglich gemäß 92 zu entlassen. Der zu
96 genannte Bericht ist auch in diesem Falle unter Angabe der Gründe für die
Freilassung zu erstatten und vom Chef des Admiralstabes an das zuständige Prisen-
gericht abzugeben.
98. Wird ein vom Feinde aufgebrachtes Schiff wieder genommen, bevor es
von ihm eingezogen oder zu kriegerischen Unternehmungen verwendet ist, so ist es,
wenn deutscherseits kein Grund zu seiner Aufbringung vorliegt, freizugeben. Über
die Freigabe ist unmittelbar an den Chef des Admiralstabes Meldung zu erstatten.
Abschnitt VII.
Behandlung der Besahzung und der Hassagiere aufgebrachter
Schiffe.
99. Ist ein Schiff nach 16b (Widerstand) oder 55 a (Teilnahme an Feindselig-
keiten) aufgebracht worden, so kann mit denjenigen Personen, die, ohne in die feind-
liche Streitmacht eingereiht zu sein, an den Feindseligkeiten teilgenommen oder ge-
waltsam Widerstand geleistet haben, nach dem Kriegsgebrauche verfahren werden.
Die übrigen Personen der Besatzung werden zu Kriegsgefangenen gemacht. Wegen
der Besatzungen bewaffneter Handelsschiffe siehe Anlage.
100. Ist ein Schiff gemäß 10 bis 16a als feindliches oder gemäß 55bfc, d
wegen neutralitätswidriger Unterstützung aufgebracht, so werden der Kapitän, die
Offiziere und die Mitglieder der Besatzung — soweit sie feindliche Staatsangehörige
sind — nicht zu Kriegsgefangenen gemacht, wenn sie sich unter Bekräftigung mit
einem förmlichen schriftlichen Versprechen verpflichten, während der Dauer der Feind-
seligkeiten keinen Dienst zu übernehmen, der mit den Kriegsunternehmungen des Feindes
in Zusammenhang steht.
Soweit die Mannschaft einem neutralen Staate angehört, ist sie bedingungslos
freizulassen.
Besitzen Kapitän und Offiziere eine neutrale Staatsangehörigkeit, so sind sie
freizulassen, wenn sie ein förmliches schriftliches Versprechen abgeben, während der
Dauer des Krieges auf keinem feindlichen Schiffe Dienste zu nehmen.
101. Ist ein neutrales Schiff gemäß 39 wegen Konterbande oder gemäß 77,
78 wegen Blockadebruchs oder gemäß 51 wegen neutralitätswidriger Unterstützung
aufgebracht, so wird die gesamte Besatzung — einschließlich des Kapitäns und der
Offiziere — bedingungslos freigelassen.