340 Belgien. (April 28. — Juni 2.)
handelt es sich nicht darum, einen Staat unverzüglich unter allen Hinfichten
einzurichten; wenn die zu machenden Ausgaben steigen, ist es rationell vor-
auszusehen, daß dieselben ihr Gegengewicht in den dadurch hervorgerufenen
Einnahmen finden werden. Somit wird Belgien sich in der günstigen Lage
finden, ohne irgend einem Opfer ausgesetzt zu sein, aus einer kolonialen
Schöpfung, der nach allgemeinem Ermessen eine große Zukunft bevorsteht,
Vorteil zu ziehen. Dafür wird Belgien seinem Herrscher verbunden sein
und wir sind der Ansicht, daß er neuerdings sich um das Land verdient ge-
macht hat. Wir schlagen Ihnen vor, folgenden Beschluß zu fassen: „Die
Kammer der Abgeordneten entscheidet nach Einsicht des Art. 62 der Ver-
fassung: Der König ist ermächtigt, das Haupt des Staates zu werden, wel-
chen die internationale Kongo-Gesellschaft in Afrika gegründet hat. Die
Verbindung zwischen Belgien und dem neuen Kongostaate wird ausschließ-
lich persönlicher Art sein."
28. April. (Kongostaat.) Die Kammer nimmt die Vor-
lage, welche den König zur Annahme der Würde des Souveräns
des Kongostaats ermächtigt, an.
Die Vorlage bezieht sich nur auf den König persönlich, nicht auf
seine Nachfolger.
Die Annahme erfolgt mit 124 gegen 1 Stimme (des liberalen Abg.
Neujean); 12 Abgeordnete fehlen.
Neujean erklärt sich gegen die Vorlage, weil ihm nicht genügend er-
wiesen scheine, was für ein Interesse denn Belgien gerade an der Sache habe
und weil in der Zukunft wohl ein Fall eintreten könnte, in welchem Belgien
genötigt wäre, seinem Könige und seinen Landsleuten da draußen am Aqua=
tor Hilfe zu leisten. Minister Beernaert antwortet im Namen der Regie-
rung und betont hauptsächlich das Handelsinteresse, das Belgien am Kongo-
staate habe; Schwierigkeiten in Zukunft würden um so weniger zu befürchten
sein, als ja die in Frage stehenden Staaten beide neutral seien und überdies
der Berliner Vertrag ausdrücklich Vermittlungen und Schiedsgerichte vor-
schreibe, wenn der Kongostaat dereinst mit einer Macht Streitigkeiten auszu-
tragen hätte. Daß die Mächte den neuen Staat gern von Belgien aus ge-
leitet sähen, gehe aus den feierlichen Erklärungen der Botschafter in der
Berliner Konferenz, Frankreichs, Großbritanniens, der Vereinigten Staaten
und vor allem des Fürsten Bismarck, hervor. Daß Belgien aus dem neuen
Staate Vorteile erwachsen würden, unterliege keinem Zweifel. Von Anwer-
bungen belgischer Soldaten sei keine Rede, da der König selbst erklärt habe,
der neue Staat werde seine Wehrkraft sich selbst schaffen und dieselbe unter
die Leitung von Europäern stellen. Schließlich erklärt der frühere Justiz-
minister Bara, er und die Linke würden für die Vorlage stimmen, um den
König zu ehren, obschon man nicht wissen könne, was die Zukunft den ge-
genwärtigen Hoffnungen bringen werde. Sollte das Unternehmen auch miß-
lingen, so würde dasselbe dennoch als ein Werk der Thatkraft und der
Menschlichkeit, als der Wissenschaft und der Gesittung förderlich dastehen. Ge-
fahr sei für Belgien keinerlei unter der Personalverbindung verborgen; zwar
würde der König der Belgier in ganz Europa als das zukünftige Oberhaupt
des neuen Staates bezeichnet, aber die Mächte hätten ja die Fragen der
Verwaltung des Kongos in die Zuständigkeit eines internationalen Aus-
schusses verwiesen.
2. Mai. Eröffnung der Industrie-Ausstellung in Antwerpen.
25. Mai — 2. Juni, Kongreß für Binnenschiffahrt in Brüssel.