827. I. Polizei, insbesondere Sicherheitspolizei. 91
heit und Ordnung für einzelne Gemeinden oder Amtsbezirke allgemeine den
bestehenden Gesetzen nicht widerstreitende Anordnungen (Ge- oder Verbote) erlas-
sen, welche in angemessener Weise zu veröffentlichen sind und spätestens nach
Ablauf von sechs Monaten ihre Gültigkeit verlieren. Liegt Gefahr im Verzug,
so bedarf es zwar jener Ermächtigung nicht, es ist dann aber dem Ministe-
rium ungesäumt Anzeige zu machen und falls die Genehmhaltung versagt wird,
die — bis dahin als rechtsgültig anzusehende — Anordnung zurückzunehmen. In
der Stadt Braunschweig steht die gleiche Befugnis der Polizeidirektion nur bei
Gefahr im Verzuge und auch dann nur mit Zustimmung des Staatsministeriums
zu, im übrigen ist im statutarischen Wege, den Bestimmungen der Städteordnung
entsprechend, Vorsorge zu treffen. Die Uebertretung derartiger allgemeiner Ge-
oder Verbote zieht eine von den zuständigen Gerichten zu erkennende Geldstrafe
bis zu 30 M., im Unvermögensfall Haft bis zu zehn Tagen nach sich 7).
Polizeiliche Strafverbote für den Gesamtbereich des Herzogtums bedürfen
verfassungsmäßig (NLO. 8 99, 101) der Form des Gesetzes. Mithin wird auch
der Erlaß von „Polizeistrafgesetzen“ mit nachfolgenden „Polizeiverordnungen“
(O. Mayer, VerwR. Bd. 1 S. 308) derart, daß das Gesetz sich als „Blanketge-
setz" auf die Strafandrohung beschränkt und die Festsetzung der dieser unterfal-
lenden verbotenen Handlungen oder Unterlassungen dem Verordnungs= oder Ver-
waltungswege überläßt, für unstatthaft zu halten sein, obwohl dieser Weg in der
Praxis hie und da beschritten worden ist. Eine allgemeinere, durch Aenderungen
und Einzelgesetze seither mehrfach ergänzte Landespolizeiordnung enthält das Ge-
setz, die Bestrafung der Polizeiübertretungen betreffend, vom 23. März 1899
Nr. 27 2).
Zur Durchführung ihrer polizeilichen Zwangsgewalt steht den Landespolizei-
behörden das Polizeimilitär (Gensdarmeriekorps) zur Verfügung, welches die An-
weisungen dieser Behörden pünktlich und unweigerlich zu befolgen, auf Ersuchen
auch den Gemeindevorstehern in ihren polizeilichen Obliegenheiten Hilfe zu leisten
hat und vielfach völlig an Stelle der sonstigen Unterbeamten der Kreisdirektionen,
der Amtsvögte, getreten ist. Nähere Bestimmungen über den Dienst der Gensdarmerie
enthält eine vielfach veraltete V O. vom 5. Februar 1816 Nr. 2, den Friedensdienst
der braunschweigischen Husaren betreffend, die in Bezug auf die militärische und
strafrechtliche Stellung des Polizeimilitärs erhebliche Aenderungen erlitten hat
durch das G. vom 3. Juni 1871 Nr. 25 (zu diesem wieder: G. vom 1. April 1879
Nr. 12 §8818, II, 5). Der Kommandeur der Gensdarmerie, (ein höherer inaktiver
Offizier), dessen Tätigkeit sich wesentlich auf Instruktion im äußeren Dienst beschränkt,
steht „in Ansehung der auf die öffentliche Sicherheit und allgemeine Polizei Bezug
habenden Funktionen" unmittelbar unter dem Staatsministerium. In militärischer
Hinsicht ist er der Herzogl. General-Adjutantur untergeordnet. Die Versetzung der
Offiziere in den Ruhestand erfolgt nach Maßgabe der für nicht-richterliche Beamte
geltenden Bestimmungen des ZStDG. und der zu diesem ergangenen oder noch
zu erlassenden Abänderungen (G. vom 24. März 1902 Nr. 139.
1) G. vom 19. März 1850 Nr. 26 §5 18 u. 19, vom 1. Juni 1900 Nr. 25 8 7.
2) Ab G. vom 10. Januar 1901 Nr. 8, 5. Novemb. 1904 Nr. 65, 6. März 1905 Nr. 9.