Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

96 Dritter Abschnitt. Die innere Verwaltung. §.29. 
  
daß vor kurzem eine gründliche Reform des Physikatswesens eingeleitet worden 
ist, die unter tunlichster Entlastung der Physici von jeder nicht ausschließlich 
konsultativen Privatpraxis und unter Gewährung angemessener Besoldung aus 
Staatsmitteln die Amtsphysikate nach preußischem Vorbilde durch (vollbesoldete 
und nicht vollbesoldete) Kreisphysikate zu ersetzen bezweckt 1). Die Physici wer- 
den vom Landesmedizinalkollegium einer besonderen Prüfung unterworfen, die 
in der Regel nicht vor Ablauf zweier Jahre nach Zulassung zur ärztlichen 
Praxis stattfinden soll und sich auf das Gebiet der gerichtlichen Medizin und 
der Psychiatrie neben dem der öffentlichen Gesundheitspflege miterstreckt 2). 
Für jeden der sechs Verwaltungskreise des Herzogtums wird ein approbierter 
Tierarzt als beamteter (Kreis-) Tierarzt angestellt. Für einzelne, getrennt liegende 
Landesteile können besondere beamtete Tierärzte angestellt oder approbierte Tier- 
ärzte eines Nachbarstaates mit deren Geschäften beauftragt werden. Die be- 
amteten Tierärzte, in wissenschaftlicher, technischer und disziplinarer Hinsicht dem 
Landesmedizinalkollegium unterstellt und in veterinär-polizeilichen Angelegenheiten 
den Landespolizeibehörden zugeordnet, haben alle auf die Tierheilkunde bezüg- 
lichen polizeilichen und gerichtlichen Geschäfte aus eigener Amtspflicht, wie auf 
Verlangen oder Ersuchen der zuständigen Behörden zu erledigen und nach Maß- 
gabe der betreffenden Gesetzesvorschriften namentlich mitzuwirken bei Er- 
mittelung, Abwehr, Unterdrückung von Viehseuchen und bei Feststellung der Ent- 
schädigung für gefallene oder auf polizeiliche Anordnung getötete Tiere s2). Die 
Bereitung und Verabreichung von Arzneien ist Tierärzten nur in eigener Praxis 
gestattet 0. 
3. Alle die Heilkunde ausübenden Personen — Aerzte, Zahn- 
ärzte, Tierärzte, Heilgehilsen — haben den gesundheitspolizeilichen allgemeinen 
Vorschriften und bei Seuchengefahr auch den besonderen Anweisungen des Phy- 
sikus und der Polizeibehörden Folge zu geben, Aerzte den Physicis, Gerichts- 
und Polizeibehörden in ihrem Wirkungzskreise, Tierärzte den letzteren in Ge- 
schäften der Viehseuchenpolizei gegen eine nötigenfalls vom Landes-Medizinal- 
kollegium festzusetzende Entschädigung Hilfe zu leisten. Bereitung, Verkauf und 
unentgeltliche Abgabe von Arzneimitteln, abgesehen von den zur ärztlichen Unter- 
suchung nötigen oder in dringenden Fällen unmittelbar erforderlichen Arzneien, 
ist den Aerzten untersagt. Heilgehilfen bedürfen eines Prüfungszeugnisses des 
Landes-Medizinalkollegiums oder der zuständigen Behörde eines andern deutschen 
Bundesstaats. Sie unterstehen der Aufsicht des Physikus und haben im wesent- 
lichen ihre Tätigkeit auf ärztlich angeordnete Dienstleistungen (Massage, Pflege, 
  
und Idioten, Wahrnehmung der gerichtsärztlichen Geschäfte, Behandlung Gefangener und 
armer Kranken, Begräbniswesen. 
1) Regierungs-Denkschrift vom 15. März und Landtagsbeschlüsse vom 25. u. 26. Mai 1906 
(Drucksachen des 28. ord. LT. Anl. 81 u. 197), Ausschußbericht vom 6. Januar 1908 FK 17, 11 
(29. ord. LT. Anl. 6). 
2) Prüfg.-Ordnung vom 15. November 1907 Nr. 61. 
3) G. vom 28. März 1881 Nr. 18 & 4, VO. vom 30. März 1881 Nr. 20 5 1 fg. G. vom 
28. Mai 1894 Nr. 22 65 7 fg., vom 27. Febr. 1899 Nr. 11 4. 
4) Ueber Einrichtung und Betrieb tierärztlicher Hausapotheken: Erlaß des Ld. Mediz.- 
Koll. vom 8. Januar 1904 Nr. 4.
	        
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