§ 31. Wirtschaftliche Verwaltung: Landwirtschaft und Viehzucht. 105
eignisse des Jahres 1848 auch die Aufhebung des Jagdrechts auf fremdem
Grund und Boden und die (schon durch ein Ges. vom 28. März 1837 ange-
bahnte) Abschaffung des Lehnverbandes nachfolgten, haben wesentlich dazu bei-
getragen, die Landwirtschaft im Herzogtum auf die hohe Stufe zu erheben,
die sie dort einnimmt. Weitere Förderungen sind ihr seither nach den ver-
schiedensten Richtungen von Staatswegen zu Teil geworden teils durch eine
Reihe gesetzlicher Anordnungen zur Beseitigung allerhand der Ackerkultur nach-
teiliger Schädlinge und Wucherpflanzen 1), teils durch Sicherstellung des land-
wirtschaftlichen Betriebes gegen den Bruch des Arbeitsvertrags 2), teils durch
namhafte finanzielle Zuwendungen zu Gunsten des landwirtschaftlichen Zentral-
vereins, der landwirtschaftlichen Schule Marienberg 3), wie durch Einstellung eines
regelmäßig wiederkehrenden „Fonds für landwirtschaftliche Zwecke“ in den Staats-
haushaltsetat "#), teils endlich durch Schaffung einer beruflichen Vertretung des
landwirtschaftlichen Standes in der „Landwirtschaftskammer“ (G. vom 14. Mai
1906 Nr. 41).
Die Landwirtschaftskammer, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit
dem Sitz in der Stadt Braunschweig, soll die Gesamtinteressen der Land= und
Forstwirtschaft des Herzogtums wahrnehmen, die Behörden in Förderung dieser
Wirtschaftszweige durch Mitteilungen, Anträge, Gutachten unterstützen, anderer-
seits auch bei den die Landwirtschaft betreffenden Angelegenheiten gehört und
bei der Verwaltung und den Preisnotierungen der Produktionsbörsen und
Märkte (insbesondere der Viehmärkte) herangezogen werden. Sie besteht aus 47 Mit-
gliedern, darunter dem von ihr zu wählenden Generalsekretär und drei vom
Staatsministerium zu bestimmenden Mitgliedern; von den übrigen werden
30 Mitglieder von den landwirtschaftlichen Amtsvereinen, die fast durchweg
für jeden Amtsbezirk als Organe der Kammer bestehen, 7 von den Kreiskom-
munalverbänden und 6 von der Kammer selbst gewählt. Sämtliche Mitglieder
bis auf den Generalsekretär versehen ihr Amt als Ehrenamt. Die Amtsdauer
der gewählten Vertreter beträgt sechs Jahr, alle drei Jahre scheidet die Hälfte
aus. In den Amtsvereinen sind wahlberechtigt deren ordentliche Mitglieder 5)
mit Ausnahme derzjenigen, welche nicht Reichsangehörige sind, die bürgerlichen
Ehrenrechte verloren oder ihre Zahlungen eingestellt haben oder Zwangs-
1) Koloradokäser: G. vom 28. März 1878 Nr. 18, Seidenpflanze: vom 25. Juni 1879
Nr. 36, Ackerdistel: 29. November 1888 Nr. 54, Spargelschädlinge: 30. Mai 1902 Nr. 23.—
Aus älterer Zeit: Wucherblume: VO. vom 26. November 1829 Nr. 9.
2) G. vom 10. Dezember 1900 Nr. 67, welches im wesentlichen dem anhaltinischen G.
vom 26. April 1891 folgt und gleich diesem auch Straffestsetzungen gegen widerrechtlichen Ver-
tragsbruch der Arbeitgeber enthält, aber von einer zwangsweisen Wiederzuführung vertrags-
brüchiger Arbeiter durch die Landespolizeibehörde absieht.
3) LA. vom 22. November 1886 Nr. 44 Art. 4 u. a.
4) Verhandlungen namentlich des 25. ord. LT. Anl. 65, 90 und 162.
5) Ordentliche Mitglieder der Amtsvereine sind, sofern die in Frage kommenden Grund-
stücke lohne Gebäude und Hofräume) zu einem Grundsteuerkapital von mindestens 400 Mk. ver-
anlagt sind oder eine Fläche von mindestens 8 ha umfassen: alle im Vereinsbezirk wohnenden
Eigentümer, Nutznießer oder Pächter land= oder forstwirtschaftlich von ihnen genutzter, im Her-
zogtum belegener Grundstücke, 2. alle außerhalb des Herzogtums wohnenden Eigentümer, Nutz-
nießer, Pächter land= oder forstwirtschaftlich von ihnen genutzter, innerhalb des Vereinsbezirks
belegener Grundstücke, 3. alle im Vereinsbezirk wohnenden Eigentümer und Nutznießer land-