130 Dritter Abschnitt. Die innere Verwaltung. 839.
s 39. Bauwesen, Feuerpolizei und Feuerhilfswesen.
I. Die derzeit geltenden landesrechtlichen Bestimmungen über das Bauwesen,
namentlich auch betreffs der Baupolizei, sind enthalten in der Bauordnung vom
13. März 1899 Nr. 251). Dieses Gesetz zieht dem aus dem Eigentumsrecht
sich ergebenden Recht der Baufreiheit mannigfache Schranken sowohl aus ge-
sundheits= und feuerpolizeilichen, auch selbst ästhetischen Rücksichten, wie im
nachbarlichen Interesse 2), erfordert für alle Neubauten und für wesentliche
Veränderungen an bestehenden Bauten die baupolizeiliche Genehmigung, unter-
wirft die Bauausführung der behördlichen Beaufsichtigung (Baurevisionen) und
erschwert das Bauen außerhalb des „Baugrundes“, der „Ortslage“, d. h. des-
jenigen Teils des Gemeindebezirks, welcher die Ortschaft (und wenn diese aus
getrennten Teilen besteht, die einzelnen Gebäudegruppen) einschließlich der zu den
Gebäuden gehörenden Höfe und Gärten umfaßt 3). Zweifel über die Frage,
was demnach im Einzelfall als Baugrund anzusehen sei, entscheidet die Kreis-
direktion unter Vorbehalt der Klage bei dem Verwaltungsgerichtshof (B O. § 3).
Die Errichtung von Wohnhäusern außerhalb des Baugrundes kann im Einzelfall
aus feuer--, sicherheits= oder gesundheitspolizeilichen Gründen untersagt und durch
Statut allgemein an bestimmte Bedingungen geknüpft oder überhaupt verboten
werden. Die Gemeindevertretungen sind befugt und in gewissen Fällen ") ver-
pflichtet, Ortsbaupläne oder Teil-= Ortsbaupläne dem Verkehrsbedürfnis und den
Anforderungen der Gesundheitspolizei entsprechend festzustellen und nach Bedarf
abzuändern, mit der Wirkung, daß auf der zu einer Straße oder einem Platz
bestimmten Grundfläche von Feststellung des Plans an kein Bauwerk mehr
errichtet werden darf. Die Wertminderung, welche ein Grundstück infolge
dieser Baubeschränkung erleidet, ist bei der nachfolgenden Durchführung des
Ortsbauplans im Enteignungsverfahren mit zu berücksichtigen. Die Kosten des
Ausbaues und der Unterhaltung der in den Ortsbauplan aufgenommenen Straßen
und Plätze werden (abgesehen von einigen für das Gebiet des Baugrunds für
zulässig erklärter Abweichungen) nach den Bestimmungen der Wegeordnung (s. 3 37,
S. 123), in der Stadt Braunschweig nach dortigem Ortsstatut aufgebracht. Der
Ortsbauplan ist zu allgemeiner Kenntnisnahme öffentlich auszulegen; die Fest-
stellung desselben erfolgt im Einverständnis mit der Ortspolizeibehörde durch die
Gemeindevertretung und bedarf der Genehmigung der Kreisdirektion, in der
Stadt Braunschweig des Staatsministeriums.
Die Außerachtlassung der in Bezug auf Art und Stellung, Höhe und Kon-
struktion der Gebäude teils im Gesetz gegebenen, teils mittels Statuts zugelassenen
baupolizeilichen Vorschriften macht sowohl die Bauherrn wie Bauunternehmer,
1) Ab G. vom 27. Oktober 1899 Nr. 96, Ausf.-Bestimmungen vom 7. September 1899
Nr. 77, 7. Dezember 1904 Nr. 69, 10. November 1905 Nr. 48, 20. Januar 1906 Nr. 8. Das
Gees. ist im wesentlichen nur eine neue Redaktion der Bauordnung von 1876. Ueber die ältere
Gesetzgebung: Hampe, brschw. Privatr. s 62, S. 241 Anm. 4.
2) Eine Zusammenstellung dieser Beschränkungen bei Hampe, S. 242 fg.
3) Doch kann durch Statut die Abgrenzung des Baugrundes abweichend von der Gesetzes-
bestimmung festgesetzt werden. BO. § 3, Abs. 2.
4) Wenn bebaut gewesene, zusammenhängende Grundstücke infolge umfassender Zerstörung
der Bauten durch Brand oder andere Ereignisse wieder bebaut oder neue Straßen und Plätze
im öffentlichen Interesse sonst angelegt werden sollen (BO. 6 5).