Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

SI. Geschichtliche Einleitung. 5 
  
Gesetzgebung ward dahin erweitert, daß ohne ihre Zustimmung oder doch ohne 
ihren Beirat kein Gesetz erlassen werden dürfe. Eine weitere Neuerung von 
der einschneidendsten Bedeutung für die ganze Finanzwirtschaft des Staates betraf 
die Trennung des fürstlichen und Domanialhaushalts vom eigentlichen Staats- 
haushalt, und die Regelung dieser Frage stellte sich bald in den Mittelpunkt 
aller weiteren Beratungen. Erst nach langwierigen Verhandlungen gelang es 
der landständischen Kommission, gegenüber dem Ausgangspunkt der Regierung 
— Festsetzung einer Jahressumme, die von den Einkünften des Kammerguts 
nach Absatz der Kosten des fürstlichen und Domanialhaushalts auch für andere 
Staatszwecke Verwendung finden dürfe — eine Lösung der Streitfrage im 
entgegengesetzten Sinn — Vorabzug einer ein für allemal bestimmten landes- 
fürstlichen Rente aus den Erträgen des Kammerguts und Einstellung der ver- 
bleibenden Ueberschüsse in den Staatshaushaltsetat — zu erwirken und so einen 
Ausgleich herbeizuführen, der dann nebst anderen Vereinbarungen über Fragen 
von finanzieller Bedeutung im sog. Finanznebenvertrage besonders beurkundet 
wurde. Sonstige Wünsche der Stände bezogen sich hauptsächlich auf einige 
Aenderungen in der vorgeschlagenen Zusammensetzung des Landtages und auf 
die Umgestaltung der Vorlage aus dem engen Rahmen einer verbesserten Land- 
schaftsordnung zu einem umfassenden Landesgrundgesetz nach dem Muster anderer, 
um diese Zeit (in Kurhessen, Altenburg) erlassener oder (in Hannover, Sachsen) 
in Vorberatung begriffener Verfassungsurkunden. Zu letzterem Zweck arbeitete 
die eingesetzte Kommission einen neuen Entwurf aus, welchem sie besondere Ab- 
schnitte über die allgemeinen Rechte und Pflichten der Landeseinwohner, über 
den Staatsdienst, die Rechtspflege, über Kirchen, Unterrichtsanstalten, milde 
Stiftungen, wie über Gemeinden und Gemeindebehörden einfügte, wogegen sie 
die in der Vorlage der Regierung enthaltenen Bestimmungen über das Wahl- 
verfahren und die Geschäftsordnung in Sondergesetze übertrug. Nach einigem 
Zögern der Regierung ward auch über diese Wünsche, wie über andere zurück- 
gestellte Fragen eine Verständigung erreicht. Am 6. Oktober 1832 fanden das 
Landesgrundgesetz als „Neue Landschaftsordnung“ nebst dem Wahlgesetz, der Ge- 
schäftsordnung und dem Finanznebenvertrag, ferner die Gesetze über die Orga- 
nisation der einzelnen Landesbehörden und ein Zivilstaatsdienstgesetz in ein und 
derselben Schlußabstimmung die einstimmige Annahme beider Sektionen des 
Landtags und wurden samt und sonders am 12. Oktober von der Regierung 
publiziert. 
Seit seinem Erlaß hat das Landesgrundgesetz, abgesehen von der Abkürzung 
der zunächst auf 3 Jahre bemessenen Finanzperioden, wesentliche Veränderungen 
nur betreffs der Zusammensetzung der Landesvertretung erfahren. Die N. 
vereinigte in einer Kammer 48 Abgeordnete, darunter 10 der Ritterschaft, 12 der 
Städte, 10 der Fleckenbewohner, Freisassen und Bauern, sowie 16 gemeinschaftlich 
von diesen 3 „Standesklassen“ zu wählende Abgeordnete, die „unter den Männern 
von höherer Geistesbildung“ auserkoren wurden und von denen 2 der höheren 
Geistlichkeit angehören mußten. Ein unter den Stürmen des Jahres 1848 neben 
einem neuen Wahlgesetz und gleich diesem nur provisorisch erlassenes Gesetz (vom
	        
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