6 Geschichtliche Einleitung. § 1.
11. September 1848) berief in die „Versammlung der Abgeordneten des Landes“
aus den Städten 20, aus den Landgemeinden 34, insgesamt also 54 Abgeordnete,
davon 26 mittels direkter Wahlen der Höchstbesteuerten, 28 durch direkte all-
gemeine Wahlen. Der nächste Landtag regelte aber unter gleichzeitiger Besei-
tigung des freisinnigen Wahlgesetzes den Bestand der „Landesversammlung“ —
eine Bezeichnung der Landesvertretung, die seither geblieben ist — durch Ges.
vom 22. November 1851 dahin, daß ihr angehörten 46 Mitglieder, von denen
die Städte 10, die Landgemeinden 12, die Hoöchstbesteuerten, eingeteilt nach
Grundbesitz, Gewerbebetrieb und anderweiten Berufsarten, insgesamt 21, die
evangelische Kirche 3 Abgeordnete zu wählen hatten. Die im Jahre 1896 nach
dem Vorbild der preußischen Gesetzgebung im Herzogtum eingeleitete Reform
der direkten Steuern hat dann nochmals einige Aenderungen in der Zusammen-
setzung des Landtages veranlaßt, welche durch G. vom 6. Mai 1899 eingeführt
worden sind.
Mehr denn fünf Jahrzehnte hat die Regierung des Herzogs Wilhelm ge-
währt und auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens sind ihr die bedeutsam-
sten Fortschritte zu verdanken. Die Agrargesetzgebung des Jahrs 1834 — Ab-
lösungs= und Gemeinheitsteilungsordnung — legte den Grund zu hohem Auf-
schwung der einheimischen Landwirtschaft. Handel und Verkehr zogen aus dem
Anschluß des Landes an den prenßischen Zollverein (1841) die wesentlichsten
Vorteile, während in späterer Zeit auch der Gewerbebetrieb durch Einführung
der Gewerbefreiheit (1864) von den beengenden Schranken befreit ward. Die
beiden Gemeindeordnungen vom 19. März 1850 gewährten für Stadt und Land
ein verhältnismäßig hohes Maß der Selbstverwaltung, welches nachmals (1871)
die Kreisordnung auf weitere Kommunalverbände erstreckte. Der Neuordnung
der Gerichtsorganisation, die eine völlige Trennung zwischen Justiz und Ver-
waltung einführte (1849), folgte alsbald (1850) der Erlaß einer Zivil= und
Strafprozeßordnung, welche die ungeteilte Anerkennung der deutschen Rechts-
wissenschaft gefunden haben. Das Unterrichtswesen erfreute sich der nachhaltigen
Fürsorge des Staats; die evangelische Landeskirche erhielt durch die Synodal-
ordnung vom 31. Mai 1871 ihre eigene Vertretung. Die günstige Finanzlage
des Landes, wesentlich gefördert durch den Verkauf der Eisenbahnen an eine
Privatgesellschaft (1870), gestattete es, für gemeinnützige Anstalten aller Art
reiche Mittel zu verwenden und der Förderung von Kunst und Wissenschaft in
ausgiebigem Maß gerecht zu werden. Das gute Einvernehmen zwischen Fürst
und Volk erlitt auch durch die Unruhen des Jahres 1848 keine ernstliche Trü-
bung. Die Regierung kam der liberalen Strömung der Zeit entgegen, ohne in
willenlose Schwäche zu verfallen, sie vertrat in der schleswig-holsteinischen Frage
nachdrücklich den nationalen Standpunkt, erkannte die Reichsverfassung unver-
züglich an (Note vom 14. April 1849) und trat, nachdem Friedrich Wilhelm IV.
die Kaiserkrone abgelehnt hatte, dem Dreikönigsbündnis, späterhin der Union
bei. Der Wiedereintritt in den reaktivierten Bundestag erfolgte am 30. Mai
1851. Bei Ausbruch des Krieges von 1866 versuchte der Herzog vergeblich, die
Neutralität seines Landes zu erwirken: am 18. August 1866 vollzog gleich der