Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

172 Anhang: I. Neue Landschafts-Ordnung für das Herzogtum Braunschweig §#§# 185—190. 
  
§185. Fortsetzung. Den Ständen steht das Recht zu, gemeinschaftlich mit 
der Landesregierung den Staatshaushalts-Etat nach den einzelnen Abteilungen fest- 
zustellen. Die Verwendung und Verteilung der für jede einzelne Abteilung im 
ganzen bewilligten Summen bleibt jedoch der Bestimmung der Landesregierung 
überlassen 1), und es kann, wenn die Verwendung nur für diese Abteilung und ohne 
Ueberschreitung der feststehenden Spezial-Etats stattfindet, gegen eine von den ein- 
zelnen Positionen derselben eingetretene Abweichung an sich, eine Erinnerung von 
Seiten der Stände nicht gemacht, wohl aber eine Nachweisung der Zweckmäßigkeit 
dieser Abweichung verlangt werden. 
#s186. 15. Leihhaus= Anstalt. Die unter Landesfürstlicher Oberaufsicht 
als ein selbständiges Institut bisher bestandene Leihhaus-Anstalt wird nebst deren 
Forderungen und Schulden vom Staate übernommen und unter dessen Gewähr 
fortbestehen; dieselbe soll zu dem Ende dem Finanz-Kollegio unmittelbar unterge- 
ordnet werden, und neben deren ursprünglichem Zwecke, welcher auch ferner in 
Gemäßheit der Leihhaus-Ordnung zu erfüllen ist, eine Hilfs-Kreditanstalt für den 
Staat bilden und in ihren Operationen nach Anweisung des Finanz-Kollegii ver- 
fahren. 
Der von den Operationen der Anstalt zu erwartende Gewinn soll zu den 
Staatseinkünften gezogen werden?). 
6 187. 16. Staats-Anleihen. Staatsanleihen können nicht ohne Ein- 
willigung der Stände kontrahiert werden. Ueber den Betrag, die Bedingungen 
und die Rückzahlung ist mit den Ständen eine Vereinbarung zu treffen. 
Das Landesschuldenwesen wird gleichfalls nach gemeinsamen Beschlüssen re- 
guliert. 
§ 188. 17. Beaufsichtigung des Finanzwesens. Den Ständen 
steht das Recht der Aufsicht über das Finanzwesen zu, und es werden ihnen da- 
her die Staatshaushalts-Rechnungen der abgelaufenen Finanzperioden zur Aus- 
Übung ihrer verfassungsmäßigen Rechte vorgelegt werden. 
§ 189. 18. Befugnisse des ständischen Ausschusses im Finanz- 
wesen. a) Regelmäßige. Dem Ausschusse ist die Ausübung der ständischen Mit- 
aufsicht über die Finanzverwaltung in dem Maße übertragen, daß ihm die Vor- 
anschläge des Staatshaushalts-Etats des zweiten lund des dritten) Jahres?) jeder Finanz- 
periode zur Beratung, sowie die Rechnungen der einzelnen abgelaufenen Finanz- 
jahre zur Einsicht von der Landesregierung mitgeteilt werden. 
Auch kann derselbe, falls besondere Umstände die Veräußerung eines Staats- 
gutes nötig oder ratsam machen, die ständische Zustimmung erteilen, wenn das zu 
Veräußernde einen Wert von 10 000 Talern nicht übersteigt. Es ist jedoch zugleich 
über die Verwendung des eingehenden Preises eine Uebereinkunft zu treffen. 
§ 190. b) Außerordentliche. Wenn außerordentliche Ereignisse die zeitige Ver- 
sammlung des Landtags untunlich machen, oder wenn Gefahr mit dem Verzuge 
verbunden ist und die ordentlichen Bewilligungen und Geldmittel zur Erreichung 
  
1) Eine Ausnahme im Art. I des G., betreffend die Uebertragbarkeit der zu Bauten durch 
die Etats zur Verfügung gestellten Beträge, vom 1. Juli 1904 Nr. 44 — eines Gesetzes, wel- 
ches (Art. VI desselben) einen Teil des Landesgrundgesetzes bildet: „Die in den Bauetats der 
4 Hauptetats, nämlich des Etats der Kammerkasse, des Staatshaushaltsetats, des Etats über 
die Verwaltung des vereinigten Kloster= und Studienfonds, des Etats der Klosterreinertragskasse 
zu bestimmten Bauten eingestellten Beträge können, wenn und soweit sie nicht zur Verwendung 
gekommen sind, in die auf die Finanzperiode der Bewilligung folgenden beiden Finanzperioden 
übertragen worden. — Uebertragene Beträge dürfen nur zu den bestimmten Bauten, für welche 
sie in die Etats eingestellt worden, verwandt werden. Die Bestimmung des & 185 der N20O., 
nach welcher die Verwendung und Verteilung der für jede einzelne Etatabteilung im ganzen 
bewilligten Summen der Landesregierung überlassen bleibt, findet auf die Beträge, welche in- 
folge der Uebertragungen neben den durch die Bauetats bewilligten Summen zur Verfügung 
stehen, keine Anwendung". Art. V: „Die Bestimmungen des & 184 der NO. soweit sie 
diesen Gesetzen entgegenstehen, werden aufgehoben“". 
2) Das über die Verhältnisse der Leihhausanstalt erlassene G. vom 7. März 1842, später 
ersetzt durch das — wiederum vielfach abgeänderte — G. vom 20. August 1867, ist zu einem 
Teil des Landesgrundgesetzes erklärt worden. 
3) G. vom 26. März 1888 Nr. 12 F4.
	        
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