Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

Anhang: J. Neue Landschafts-Ordnung für das Herzogtum Braunschweig 85 207—2 14. 175 
  
tan des requirierenden Staats oder eines in dessen Gebiete begangenen, nach ge- 
meinem deutschen Kriminalrechte mit Strafe bedrohten Vergehens beschuldigt ist, 
und endlich, wenn die requirierende Regierung gleiche Grundsätze gegen den hie- 
sigen Staat befolgt. 
Alle diese Bestimmungen gelten jedoch nur unbeschadet der Vollziehung der 
über die Auslieferung der Verbrecher bereits bestehenden oder künftig, und zwar, 
insofern sie die Rechte der Landeseinwohner betreffen, mit Zustimmung der Stände 
abzuschließenden Staatsverträge. 
§ 207. 17. Konfiskation. Die Konfiskation kann nur auf Gegenstände 
oder Werkzeuge einer Vergehung angewendet werden. Eine allgemeine Ver- 
mögenskonfiskation tritt in keinem Falle ein. Die gesetzlichen Bestimmungen über 
die Beschlagnahme des Vermögens der Deserteure und ausgetretenen Militärpflich- 
tigen sind hierdurch nicht aufgehoben. 
§ 208. 18. Begnadigungsrecht. Der Landesfürst kann in strafrecht- 
lichen Sachen begnadigen, die Strafe mildern oder erlassen, aber in keinem Falle 
schärfen, und eine angefangene Untersuchung nur, nachdem das Ober-Appellations- 
gericht . Hich gutachtlich darüber geäußert hat, niederschlagen. 
6 2 19. Moratorien. Moratorien werden von der Landesregierung 
nie 13 die Gerichte dürfen in den gesetzlich bestimmten Fällen darauf er- 
kennen. 
§s 210. 20. Rechtshilfe in bürgerlichen Streitsachen. In bür- 
gerlichen Streitsachen wird den Gerichten auswärtiger Staaten jede gesetzliche Rechts- 
hilfe geleistet, so lange dieselbe nicht in jenen Staaten den hiesigen Gerichten ver- 
weigert wird. Insbesondere sind die rechtskräftigen Erkenntnisse ausländischer Ge- 
richte, wenn die Zuständigkeit der letzteren in dem einzelnen Falle außer Zweifel ist, 
unter obiger Voraussetzung von den einheimischen Gerichten zu vollstrecken. 
Achtes Kapitel. 
Von den christlichen Kirchen, den öffentlichen Unterrichts-Anstalten und 
milden Stiftungen, von dem Kloster= und Studienfonds. 
#*211. 1. Rechtsgleichheit der anerkannten christlichen Kon- 
fessionen. Allen im Herzogtume anerkannten oder durch ein Gesetz aufgenom- 
menen christlichen Kirchen wird freie öffentliche Religionsübung zugesichert; sie 
genheßen gleichen Schutz des Staates und ihre Angehörigen gleiche bürgerliche 
echte. 
§* 212. 2. Oberaufsicht des Staats. Alle Kirchen stehen unter der 
auf der höchsten Staatsgewalt beruhenden Oberaufsicht der Landesregierung. Die 
Anordnung der rein geistlichen Angelegenheiten bleibt, unter dieser Oberaussicht, 
der in der Verfassung jeder dieser Kirchen begründeten Kirchengewalt überlassen. 
Im Zweifel entscheidet darüber: ob eine Angelegenheit rein geistlich sei? — die 
Landesregierung. 
§ 213. 3. Kirchengewalt in der evangelisch -utherischen 
Kirche. In der evangelisch-lutherischen Kirche steht die Kirchengewalt dem Lan- 
desfürsten zu, welcher sie unter Mitwirkung und Beirat des mit evangelischen Geist- 
lichen und Laien besetzten Konsistoriums ausübt. 
Die Ausübung der in Bezug auf das Kirchenwesen den einzelnen evangelischen 
Gemeinden zustehenden Rechte soll einem die Kirchengemeinde vertretenden Vor- 
stande übertragen werden, über dessen Zusammensetzung und Wirkungskreis ein 
Gesetz das Nähere bestimmen wird. 
§ 214. Fortsetzung. Sollte der Landesfürst sich zu einer andern als der 
evangelisch-lutherischen Religion bekennen, so wird die alsdann eintretende Be- 
schränkung in der persönlichen Ausübung der Kirchengewalt ohne Aufschub mit Zu- 
stimmung der Landstände festgestellt werden. 
  
  
n 1) 9et- Strafsenat des Oberlandesgerichts. Aussch. zum GV. vom 1. April 1879 
r. 118
	        
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