Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

89. Die Zusammensetzung des Landtages. 23 
steht!) aus 7 Mitgliedern des Oberlandesgerichts, von denen zunächst durch das Los 3, 
dann von der Landesversammlung 2, schließlich von der Landesregierung die letzten 
beiden bestimmt werden. Weitere Anordnungen des Gesetzes regeln das Verfahren. 
Als einziges Rechtsmittel findet gegen das Urteil Wiedereinsetzung in den vorigen 
Stand wegen neuaufgefundener Tatsachen oder Beweisgründe statt. Unmittelbare 
Rechtsfolge der Verurteilung ist bei den Beamten Dienstentlassung und war bei Mit- 
gliedern des Ausschusses Verlust der Abgeordneten-Eigenschaft und der Wählbarkeit. 
Die Abolition einer wegen Verfassungsverletzung eingeleiteten Untersuchung ist un- 
zulässig, das Begnadigungsrecht des Landesherrn ausgeschlossen 2). 
§ 9. Die Zusammensetzung des Landtages. — Die Landesversammlung besteht 
gegenwärtig 3) nach dem G. vom 6. Mai 1899 Nr. 31 aus 48 Abgeordneten, von denen 
30 durch allgemeine Wahlen, 18 von gewissen Berufsständen in besonderen Wahlen 
bestimmt werden. Von den aus allgemeinen Wahlen hervorgehenden Abgeordneten 
sind 15 in den Städten und ebensoviel in den Landgemeinden zu wählen. Die 14 
Städte des Herzogtums bilden zurzeit 9, demnächst 10 Wahlbezirke, von denen 3, künftig 
4 der Stadt Braunschweig zukommen"). Sie entsendet 8, der 4. städtische Wahlbezirk (be- 
steheind aus den Städten Wolfenbüttel und Schöppenstedt) 2 Abgeordnete in den Land- 
tag, während auf die 5 übrigen städtischen Wahlkreise je 1 Abgeordneter entfällt. Die 
Landgemeinden sind in 6 Wahlbezirke eingeteilt, die bis auf eine vereinzelte Abweich- 
ung 5) den Landesverwaltungskreisen entsprechen. Der Landkreis Blankenburg hat 1 
Abgeordneten zu wählen, der Landkreis Holzminden deren 2, jeder der übrigen Wahl- 
bezirke (Braunschweig, Helmstedt, Wolfenbüttel, Gandersheim) je 3. Die wahlberechtig- 
ten Berufsstände sollen in ihren Wahlen gewissermaßen einen Ersatz für die fehlende 
erste Kammer schaffen. Es gehören ihnen an und es wählen: Die angestellten Geistlichen 
der evangelischen Landeskirche 2, die Großgrundbesitzer 4, die höchstbesteuerten Ge- 
werbetreibende 3, die wissenschaftlichen Berufsstände 4 und die höchstbesteuerten Ein- 
kommensteuerpflichtigen ) 5 Abgeordnete. Die Einsetzung einer besonderen Ver- 
tretung der Landeskirche und der wissenschaftlichen Berufsstände läßt sich nachweislich 
auf die Absicht zurückführen, einen gewissen Ersatz für die ehemalige Prälatenkurie zu 
erlangen. Der Wahlkörper der höchstbesteuerten Grundbesitzer ist an die Stelle der 
Ritterschaft getreten. Die höchstbesteuerten Gewerbetreibenden haben eine besondere 
Vertretung durch die Gesetzgebung von 1851 erhalten und die Gruppe der Abgeord- 
neten der höchstbesteuerten Einkommestneuerpflichtigen ist infolge der Steuerreform 
  
1) Nach dem G. vom 19. März 1850 Nr. 19 # 2 fg. und dem G. vom 30. März 1874 
Nr. 14 §K5 1. 
2) NLO. &§1I1: „Der Verurteilte kann im Staatedienst nicht wieder angestellt werden“. — 
Uebrigens ist seit Erlaß der NLO. die Erhebung einer Ministeranklage nur einmal, im Jahre 1846, 
anläßlich eines Streits um das Budgetrecht der Landstände und gegenüber dem einseitigen 
Erlaß eines Finanzgesetzes seitens der Regierung, ernstlich in Frage gekommen. Näheres über 
jene Vorgänge: Rhamm, Verf.-Gesetze S. 269 fg. 
3) Ueber die Zusammensetzung nach der NLO. und der Cesetzgebung von 1848 und 
1851 s. & 1 Seite 5 fg. 
4) Die bevorstehenden Aenderungen beruhen auf dem Gesetz vom 16. März 1908 Nr. 17, 
welches mit Anordnung der Wahlen für die nächste Wahlperiode (1912—1916) in Kraft tritt. 
5) Der dem Verwaltungskreis Wolfenbüttel zugehörige Amtsbezirk Harzburg ist dem Wahl- 
bezirk Kreis Gandersheim zugelegt. . 
6) Für die Einreihung dieser Klasse unter die „Berufs stände“ sind die Gesetzesmotive 
die Erklärung schuldig geblieben.
	        
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