Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

32 Zweiter Abschn. Die Organisation. II. Die Behörden. 8 15. 
  
vorbehältlich der Zulassung eines Rekurses an das Gesamtministerium 1). 
Alle Verfügungen des Landesherrn in Landesangelegenheiten (s. darüber 
Seite 13 Anm. 2) bedürfen zu ihrer Vollziehbarkeit der Kontrasignatur eines 
stimmführenden Mitgliedes des Staatsministeriums. Die Kontrasignatur begründet 
die rechtliche Verantwortlichkeit in Betreff der Verfassungs= und Gesetzmäßigkeit 
der Verfügung und zwar für jeden Minister, welcher kontrasigniert oder unter- 
zeichnet hat, persönlich, ohne Zulassung der Berufung auf eine vorher mündlich 
oder schriftlich erklärte abweichende Meinung (NLO. § 156). Das Mittel, die 
Verantwortlichkeit geltend zu machen, gewährt das Recht der Ministeranklage (s. 
darüber § 8 Seite 22), dessen Bedeutung freilich sehr geschwunden ist, seitdem 
die fortschreitende Entwicklung des modernen Parlamentarismus die rechtliche 
Verantwortlichkeit der Minister hinter der politischen hat zurücktreten lassen. 
Den Aufgaben, die in größeren Staaten einem Staatsrat obzuliegen pflegen, 
dient im Herzogtum die Ministerialkommission. Eingesetzt auf Grund 
des & 159 der N. L.O. durch Gesetz vom 12. Oktober 1832 Nr. 22, ist sie, seitdem 
im Jahr 1851 die Entscheidung der Kompetenzkonflikte ihr abgenommen und 
einem besonderen Gerichtshof übertragen wurde, ausschließlich zu einer beratenden 
Behörde geworden, berufen zur Vorprüfung aller Entwürfe zu Landesgesetzen und 
zur Begutachtung derjenigen „wichtigeren Landesangelegenheiten“, welche durch be- 
sonderes Gesetz oder im Einzelfall vom Landesfürsten ihr zugewiesen werden. 
Vermöge ihres Amts gehören ihr die stimmführenden Mitglieder des Staats- 
ministeriums als ordentliche Mitglieder an 2), als außerordentliche die Präsidenten 
und Vizepräsidenten der Landeskollegien, sowie die Direktoren der dem Ministerium 
unmittelbar untergeordneten Verwaltungsbehörden. Weitere ordentliche, wie außer- 
ordentliche Mitglieder ernennt und entläßt der Landesfürst nach freier Entschließung. 
Gehalt oder Vergütung ist mit der Mitgliedschaft nicht verbunden. Für die 
einzelnen Geschäftszweige bestehen besondere Sektionen. Die ordentlichen Mit- 
glieder der Ministerialkommission sind bestimmten Sektionen zugeteilt, die außer- 
ordentlichen nehmen nur an den Beratungen teil, zu denen sie vom Ministerium 
berufen werden. Je nach ihrem Inhalt werden die Beratungsgegenstände vom 
Gesamtkollegium oder von einzelnen Sektionen erledigt. In den Plenarversamm- 
lungen führt das älteste stimmführende Mitglied des Ministeriums den Vorsitz, 
in den einzelnen Sektionen der dem betreffenden Geschäftszweige nach zuständige 
Minister. 
15. Die Organisation der Justiz. Kompetenzkonflikte. 
I. Das Ausführungsgesetz zum G. V. G. vom 1. April 1879 Nr. 11 hat die 
Gerichtsverfassung und die Justizverwaltung im Herzogtum eingehend geregelt. 
Auf Grund dieses Gesetzes sind errichtet worden 24 Amtsgerichte, 2 Landgerichte 
— das eine in der Stadt Braunschweig, das andere in Holzminden — und an 
Stelle des früheren Obergerichts zu Wolfenbüttel ein Oberlandesgericht in der 
Stadt Braunschweig. Das Landgericht Holzminden ist jedoch bei der völlig unzu- 
1) Näheres darüber: Verhandlungen der Landesversammlung vom 12. Januar 1878. — 
Zulässigkeit einer Beschwerde an das Gesamtministerium wegen einer vom Abteilungsminister 
einem nicht-richterlichen Beamten erteilten Ordnungsstrafe: BStD G. 5 95, Abs. 2. 
2) Die im Gesetz ferner genannten „vortragenden Räte“ sind in Fortfall gekommen. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.