8 15. Die Organisation der Justiz. 35
gelassen. Bei ungenügendem Ausfall einer Prüfung kann der Rechtskandidat,
wie der Referendar auf Zeit oder endgültig zurückgewiesen werden; eine zweite Wieder-
holung der Prüfung und die Zulassung zur zweiten Prüfung, nachdem seit der
ersten 6 Jahre verflossen sind, ist nur mittels landesherrlicher Dispensation zulässig.
Von den in der zweiten Prüfung Bestandenen ernennt der Landesfürst eine dem
Bedarf entsprechende Zahl zu Gerichtsassessoren, welche nicht als wirkliche Staats-
diener zu betrachten sind, in der Regel dem Amtsgericht Braunschweig zugewiesen
werden und auf Erfordern die Geschäfte der Amtsanwälte zu übernehmen oder
bei Gerichten und Staatsanwaltschaften Aushilfe zu leisten haben.
Die Geschäftsverhältnisse der Gerichtsschreiber und der Gerichtsvollzieher be-
stimmt die Landesjustizuoerwaltung. Der Anstellung der Gerichtsschreiber geht ein
Vorbereitungsdienst von 2½ Jahren und eine Prüfung voraus. Jener soll alle
Zweige des Bureaudienstes, besonders aber das Gerichtskosten-, Rechnungs= und
Kassenwesen umfassen; zu seiner Ableistung wird u. a. die für den Einjährig-
Freiwilligen-Dienst erforderliche wissenschaftliche Befähigung vorausgesetzt. Nach
Erledigung des Vorbereitungsdienstes hat der „Gerichtsschreiber-Aspirant“ eine
schriftliche und mündliche Prüfung vor einer bei dem Landgericht unter Vorsitz
des Landgerichtspräsidenten gebildeten besonderen Kommission zu bestehen. Den
Gerichtsschreibern kann der Titel „Sekretär“ verliehen werden #).
Die Gerichtsvollzieher sind zuständig zur Aufnahme von Wechselprotesten,
zur Abhaltung freiwilliger Versteigerungen von Mobilien, Früchten auf dem Halm
u. a. und zur Vornahme von Siegelungen, Entsiegelungen und Inventuren im
Auftrage des Gerichts oder des Konkursverwalters 2). Sie sind ferner verpflichtet
zur Ausführung von Aufträgen jeder Art, die ihrer dienstlichen Stellung ent-
sprechen und ihnen von den Gerichten oder Staatsanwaltschaften erteilt werden 3).
Ihr Vorbereitungsdienst findet bei einem Amtsgericht statt und muß mindestens
6 Monate dauern. Die ihm nachfolgende Prüfung ist der für die Prüfung der
Gerichtsschreiber-Aspiranten gebildeten Kommission übertragen "). Gebührenord-
nung für Gerichtsvollzieher: G. vom 8. Juni 1908 Nr. 41, Abschnitt 2.
Das gerichtliche Kostenwesen in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit und,
soweit es der Landesgesetzgebung untersteht, auch in streitigen Rechtsangelegen-
heiten hat in neuester Zeit eine durchgreifende Umgestaltung erfahren durch das
Kostengesetz vom 8. Juni 1908 Nr. 40, welchem das preußische Gerichtskostengesetz
in der Fassung vom 6. Oktober 1899 und daneben auch das Gerichtskostenges. für
Sachsen-Weimar zum Vorbild gedient haben. Das G. enthält auch die Gebühren-
1) Näheres: G. vom 6. März 1882 Nr. 10, VO. vom 2. Juni 1895 Nr. 36 und vom
10. Dezemb. 1900 No. 62, G. vom 29. Juni 1906 Nr. 52. Bk. der Landesjustizverwaltung
vom 21. März 1882 Nr. 13 u. 3. Juli 1906 Nr. 53.
2) Auch die Gerichtsschreiber bei den Amtsgerichten dürfen, jedoch nur auf richterliche
Anordnung, Wechselproteste aufnehmen, sowie Siegelungen, Entsiegelungen und Inventuren
vornehmen.
3) Insbesondere: Vornahme von Behändigungen auch da, wo diese nicht in Form der
Zustellung erfolgen, Ausführung befohlener Verhaftungen, Vorführungen, Beschlagnahmen u.
dergl., auch Wahrnehmung des inneren Dienstes bei einzelnen Gerichtssitzungen. G. vom
1. April 1879 Nr. 11 & 65 fg. Bk. vom 12. September 1879 Nr. 63, v. 7. Dezember 1899
Nr. 105, 13. Juni 1900 Nr. 27, 18. April 1907 Nr. 17.
4) Bk. vom 11. September 1882 Nr. 34.
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