Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

36 Zweiter Abschn. Die Organisation. II. Die Behörden. l 15. 
  
ordnung für Notare. — Das Gerichtskassen wesen ist auf Grund eines G. vom 
25. Juni 1879 Nr. 35 durch VO. vom 8. August 1903 Nr. 49 1) dahin geordnet 
worden, daß die für jedes Gericht bestehende Gerichtskasse nach Einnahmen und 
Verwaltungsausgaben in zwei getrennte Abteilungen, die Gerichtssportelkasse und 
die Gerichtsverwaltungskasse, zerfällt, von denen jene der Herzogl. Zoll= und Steuer- 
direktion, diese den Gerichtsvorständen unterstellt ist. Kassenführer der letzteren 
Kasse ist in der Regel der Erste Gerichtsschreiber. Beide Kassen stehen unter Auf- 
sicht des Herzogl. Finanzkollegiums, dem die Rechnungs= und Kassenprüfung ob- 
liegt (s. S. 38 unter b). 
II. Zur Entscheidung der zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden ent- 
stehenden Kompetenzstreitigkeiten, deren Erledigung die NLO. zunächst einer 
eigenen Sektion der Ministerialkommission (s. § 14) überwiesen hatte, war schon 
im Jahr 1851 ein besonderer Gerichtshof eingesetzt worden. In Durchführung 
der Bestimmungen des & 17 des GVG. hat ihn das G. vom 1. April 1879 
Nr. 16 unter Verlegung seines Sitzes von Wolfenbüttel nach Braunschweig neu 
organisiert. Der Gerichtshof besteht aus dem Präsidenten des Oberlandesgerichts 
als Vorsitzenden, zwei Räten desselben Gerichts und zwei höheren Verwaltungs- 
beamten. Jedem ordentlichen Mitgliede wird aus dem Oberlandesgericht, bezw. 
dem Kreise der höheren Verwaltungsbeamten ein regelmäßiger Vertreter beige- 
geben. Zuständig zur Erhebung des Kompetenzkonfliktes sind nur die dem 
Staatsministerium unmittelbar untergeordneten, mit Verwaltungsgeschäften beauf- 
tragten Behörden innerhalb ihres Dienstbereiches, sowie die geistlichen Oberen 
der nicht der evang.-lutherischen Kirche zugehörigen Kirchen= und Schuldiener. 
Untere Verwaltungsbehörden, Gemeinden, Kreisvertretungen und die Organe 
der evang.-lutherischen Landeskirche haben die zur Einleitung eines Kompetenz- 
streites geeigneten Anträge bei ihren vorgesetzten, bezw. Aufsichtsbehörden zu 
stellen. Die Erhebung des Kompetenzkonflikts erfolgt bei dem Gerichte, bei welchem 
die Sache anhängig ist, durch Einsendung einer mit Gründen versehenen Erklä- 
rung der Verwaltungsbehörde des Inhalts, daß der Rechtsweg für unzulässig 
erachtet, daher der Kompetenzkonflikt erhoben und beantragt werde, den Einspruch 
nebst den Gerichtsakten an den Kompetenzgerichtshof einzusenden. Die Verhand- 
lung vor diesem ist in der Regel öffentlich. Die Beteiligten haben sich durch 
Rechtsanwälte vertreten zu lassen. Vor der Entscheidung ist der Oberstaatsanwalt 
gutachtlich zu hören. Das Urteil kann nur dahin gehen, daß der getane Ein- 
spruch für begründet oder nicht für begründet zu halten und demnach je nach 
Beschaffenheit des Falles das gerichtliche Verfahren einzustellen oder fortzusetzen 
sei. Rechtsmittel gegen das Urteil finden nicht statt. 
Das Gesetz, betr. die Verwaltungsrechtspflege, vom 5. März 1895 Nr. 26 hat 
im & 15 die Befugnis der im G. vom 1. April 1879 Nr. 16 bezeichneten Be- 
hörden auch auf Erhebung des Kompetenzkonflikts für die Verwaltungsstreit- 
sachen ausgedehnt. Eine zur Verhütung eines negativen Kompetenzkonflikts 
ebendort getroffene Zusatzbestimmung, wonach der Verwaltungsgerichtshof, wenn 
er sich für unzuständig und ein Zivilgericht für zuständig halte, die Streitsache 
#1) Hiezu: VO. vom 8. Juli 1008 Nr. 48. Bk. vom 11. Aug. 1903 Nr. 50.
	        
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