Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

46 Zweiter Abschn. Die Organisation. II. Die Behörden. § 17. 
  
dem Gerichtsverfahren grundsätzlich zurückzustehen 1). Klagen der Beteiligten wegen 
der etwa aus einem Dienstvergehen herzuleitenden zivilrechtlichen Ansprüche ge- 
hören vor das zuständige Zivilgericht. 
Als Disziplinarbehörden entscheiden in erster Instanz die Disziplinarkammer, 
in zweiter der Disziplinarhof, jene in der Besetzung von fünf, dieser von sieben 
Mitgliedern. Die Voraussetzungen für Einleitung des Verfahrens, der Gang 
desselben und die Zusammensetzung der Behörden sind für Richter 2) und für 
nicht-richterliche Beamte besonders geordnet. Richtern gegenüber liegt im Recht 
der Aufsicht zugleich die Befugnis zu einer Rüge der ordnungswidrigen Ausfüh- 
rung eines Amtsgeschäfts und zu einer Mahnung. Erscheint beides wegen der 
Schwere der dienstlichen Verfehlung unzureichend, so ist, auch wenn die Strafe 
noch innerhalb des sonstigen Bereiches der Ordnungsstrafen zu bemessen sein 
würde, das Disziplinarverfahren einzuleiten. Ebenso dann, wenn ein Richter, durch 
erhaltene Rüge und Mahnung sich beschwert erachtend, dessen Erhebung fordert. 
Dagegen werden gegen nicht-richterliche Beamte alle Ordnungsstrafen ohne förm- 
liches Verfahren verhängt 23). Andererseits ist bei ihnen aber mit dem Disziplinar- 
verfahren, da es sich dann immer nur um Dienstentlassung handeln kann, stets 
eine schriftliche Voruntersuchung verbunden, deren Einleitung Richtern gegenüber 
vom jeweiligen Ermessen der Disziplinarbehörde abhängt. Das Urteil ergeht überall 
auf Grund einer mündlichen, doch nicht öffentlichen Verhandlung 41). Es erfolgt 
mit einfacher Stimmenmehrheit und kann Richtern gegenüber nur auf Freisprechung 
oder Verurteilung, im Verfahren gegen nicht-richterliche Beamte auch auf eine 
Ordnungsstrafe lauten. 
Der Disziplinarkammer für Richter gehören an der Landgerichtspräsident als 
Vorsitzender, die beiden dienstältesten Räte des Strafsenats des Oberlandesgerichts 
und die beiden dienstältesten Direktoren des Landgerichts. Der Disziplinarhof 
besteht aus dem Oberlandesgerichtspräsidenten als Vorsitzenden, dem Senats- 
präsidenten und den fünf dienstältesten, nicht schon in erster Instanz beteiligt 
gewesenen Räten des Oberlandesgerichts. Für Behinderungsfälle sind Vertreter 
in genügender Anzahl und nach geordneter Reihenfolge gesetzlich vorgesehen. Der 
  
1) Die einschlägigen Bestimmungen des ZStDDG., auch darüber, unter welchen Voraus- 
setzungen im Anschluß an ein voraufgegangenes Gerichtsverfahren für nachträgliche Einleitung 
eines Disziplinarverfahrens noch Raum bleibt, entsprechen wörtlich den S## 77 u. 78 des RB. 
2) Zu denen auch die auf Lebenszeit ernannten Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs 
zu rechnen sind (s. & 16 S. 42). Die Dienstentlassung der (an sich ebenfalls den richterlichen 
Beamten zugehörenden) Staatsanwälte soll (gleich der Verabschiedung und der unfreiwilligen 
Versetzung in den Ruhestand) zwar im Wege des richterlichen Disziplinarverfahrens erfolgen, 
im übrigen unterwirft das ZStDG. (§5 107 u. Mot.) die Staatsanwälte aber, da sie „nicht 
die freie Stellung der Richter haben, vielmehr nach § 147 des GVG. den dienstlichen Wei- 
sungen ihrer Vorgesetzten nachkommen müssen“, den für nicht-richterliche Beamten geltenden 
Vorschriften. Für den Oberstaatsanwalt sind diese schlechthin maßgebend. Gerichtsassessoren 
gelten als Richter, wenn und solange sie als solche beschäftigt werden. Andernfalls entscheidet 
über ihre Entfernung aus dem Staatsdienst ohne weiteres Verfahren die ihnen vorgesetzte, 
den allgemeinen Vorschriften nach zuständige Amtsstelle (Z St DG. § 88, 108). 
3) Doch ist der Beamte vorher zu hören und hat gegenüber der Verfügung das Recht der 
Beschwerde im Instanzenzuge. Letzteres auch im Falle der gleichfalls zulässigen Androhung 
von Zwangsmitteln zur Erledigung eines verzögerten Amtsgeschäfts. 
4) Die Oeffentlichkeit ist ausgeschlossen, weil das Interesse des Angeschuldigten sie nicht 
erfordere und das Gesetz jede Gewähr für eine rein sachliche Behandlung der Diziplinarfälle 
darbiete. So auch in Preußen; anders RBG. 5 103.
	        
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