68 Dritter Abschnitt. Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. 822.
digungen ist näher geregelt worden durch das G. vom 13. September 1867 Nr. 78,
welches indessen das Gebot der NLO., alle Streitigkeiten über den Betrag der
Entschädigung dem ordentlichen Rechtsweg vorzubehalten, nur zum geringsten Teil
durchgeführt hat. Auch bezieht es sich nicht auf Grundabtretungen zu bergbau-
lichen Zwecken 1). Nach diesem Gesetz besteht die dem Eigentümer in der NLO.
zugesicherte „volle Entschädigung“ in demjenigen Betrage, um welchen sein Ver-
mögen durch die Enteignung vermindert wird (entstandener Schaden und entzogener
Gewinn), so daß er infolge dieser weder reicher noch ärmer wird. Die Vorteile
des Unternehmens sind daher gegen die zu vergütenden Nachteile grundsätzlich auf-
zurechnen 2). Bei der Abschätzung des Enteignungsgegenstandes soll der Verkaufs-
und der Ertragswert, daneben auch ein nach Art des Einzelfalles vorliegendes
besonderes Interesse, also objektiver und subjektiver Wert, berücksichtigt werden,
wogegen außer Betracht bleibt ein durch neue Anlagen, andere gewerbliche Be-
nutzungsweise, Spekulation zu erzielender Gewinn, Vermehrung des Grundbesitz-
werts infolge des Unternehmens, zu dessen Gunsten die Enteignung stattfindet,
und das pretium affectionis. Entscheidend für die Wertberechnung ist der Zeit-
punkt des Antrags auf Abschätzung. Besondere Bestimmungen regeln die Voraus-
setzungen, unter denen bei Inanspruchnahme einzelner Grundstücksteile der Eigen-
tümer Abnahme des Ganzen verlangen darf. Die Entschädigung kann im Vergleichs-
wege in Geld, Grundstücken und anderweitem Wertersatz geleistet werden, darf aber
bei Durchführung des Zwangsverfahrens nur in Geld, auch in Geldrenten be-
stehen. Ueber den Betrag der Ersatzleistung hat die Verwaltungsbehörde (Kreis-
direktion, Polizeidirektion) eine gütliche Einigung der Beteiligten zu versuchen.
Sie entscheidet auch zunächst, vorbehältlich der Klage bei dem Verwaltungsge-
richtshof (VerwRspfl G. 5 63), wenn es sich nur handelt um Vergütungen,
die für vorübergehende Benutzung eines Grundstücks 9) oder für vorbereitende
Handlungen auf dem zu enteignenden Grund und Boden zu leisten sind. In
allen übrigen Hinsichten untersteht das Verfahren der Leitung der Landesökonomie-
kommission. Die Landesökonomiekommission bestellt einen Lokalkommissarius, welcher
ihr zum Zweck der Abschätzung des zu enteignenden Grundstücks drei Sachverständige
zur Bestätigung in Vorschlag bringt, Instruktionen für sie entwirft und die Par-
teien über das Ergebnis der Abschätzung zu hören hat. Die Sachverständigen
können von den Beteiligten aus denselben Gründen, wie Richter und Gerichts-
schreiber, von den Parteien abgelehnt werden. Sobald entweder eine gütliche
Einigung über die dem Enteigneten zukommende Entschädigung stattgefunden
oder aber dieser auf Abschätzung angetragen hat, ist eine Zurücknahme des Ent-
eignungsantrags nicht mehr zulässig. Gegen Verfügungen und Entscheidungen
des Lokalkommissars im Abschätzungsverfahren steht den Beteiligten Rekurs an
1) In dieser Hinsicht ist das Bergges. vom 15. April 1867 (mit verschiedenen Abänderungen)
maßgebend, eine getreue Nachbildung des preuß. Gesetzes. Vergl. §& 34. Ein allgemeines,
umfassendes Landesgesetz über die Zwangsenteignung fehlt leider immer noch.
2) Eingehende Ausführungen über den „Vorteilsausgleich“: Ztschr. für Rechtspflege Bd. 51,
Beiheft 1 S. 35 fg.
3) Dauert die Benutzung länger als 3 Jahr, so kann der Eigentümer den Erwerb des
Grundstücks vom Unternehmer verlangen.