8 24. Das Staatsvermögen und die Staatsschulden. 73
nach Absatz der auf dem Kammergut lastenden Apanagen, Einrichtungs= und Aus-
stattungskosten bei Vermählungen der Kinder des regierenden Herzogs und des
standesmäßigen Auskommens für seine Witwe — sich ergebende Reinertrag fließt
in die Zentralkasse des Staats, die Hauptfinanzkasse (NLO. 8 172).
Seinem Bestande nach ist das Kammergut teils Kapitalvermögen, vereinigt
im Kammerkapitalfonds (s. darüber S. 74), teils Immobiliargut1), mit welchem
auch die Güter und Gerechtsame der früher reichsfreien, durch § 4 des Reichs-
deputationshauptschlusses von 1803 dem Herzog von Braunschweig überwiesenen
Abteien Helmstedt und Gandersheim, sowie der auf Grund des § 35 des RDHSch.
eingezogenen Stifter St. Blasii und St. Cyriaci in Braunschweig vereinigt worden
sind (NLO. §§ 162 u. 163). Die Kammerschulden sind mit Ausnahme einiger un-
ablösbarer Aerarienkapitale sämtlich und zwar z. T. durch Amortisation aus den
laufenden Einkünften, hauptsächlich aber aus Beständen des Kammerkapitalfonds,
welche aus Einkünften des Kammerguts in gesetzlich geregelter Weise wieder ange-
sammelt werden müssen, getilgt werden 2).
2. Den Hauptbestandteil des vereinigten Kloster= und Studien-
fonds bilden Güter und Gerechtsame der im Jahrhundert der Reformation auf-
gehobenen Klöster und Stifter. Der Herzog August der Jüngere verfügte in der
Klosterordnung von 1655, daß die geistlichen Güter und Stiftungen als deposita
pietatis, allein „Gott, dessen Kirchen und Armen angehörig“, nicht „prophaniret",
sondern mit ihren Aufkünften „zu keinen anderen, als geistlichen Sachen und Aus-
gaben, als wozu sie gewidmet“", verwendet werden sollten. An der damit ausge-
sprochenen rechtlichen Natur des Klosterfonds, welcher in neuerer Zeit durch eine
landesgrundgesetzliche Anordnung (NLO. F 219) mit dem verhältnismäßig nicht er-
heblichen Studienfonds der früheren Universität Helmstedt vereinigt ward, ist seither
nichts geändert worden. Der Kloster= und Studienfonds bildet demnach „ein selb-
ständiges, mit Rechtspersönlichkeit ausgestattetes und von Organen des Staats als
seinen Willensorganen verwaltetes Stiftungsvermögen, verfassungsmäßig (NLO.
*221) dazu bestimmt, mit seinem Reinertrag für Kirchen, Bildungsanstalten 3) und
wohltätige Zwecke Verwendung zu finden“!). Die Verwaltung der zum vereinigten
Fonds gehörenden Landgüter und Forsten wird von der Kammer, die des Kapital-
vermögens, wie der Klosterreinertragskasse vom Finanzkollegium ge führt.
Für die Güter und Gerechtsame des Kammerguts einschl. der herzogl. Hofstatt
(s. § 7) und des vereinigten Kloster= und Studienfonds stellt die NLO. (§8§ 164,
1834) übergegangen. — Näheres über die Rechtsverhältnisse des braunschw. Kammerguts:
v. Bülow, das Kammergut des Hauses Braunschweig (in: Mitteilungen zur Erläuterung
der braunschw. Geschichte und Gesetzgebung 1839). Ribben trop, über die Frage des Eigen-
tums an den Domänen und Forsten im Herzogtum Braunschweig 1891. Hampe, braunschw.
Privatrecht 9 8. Rhamm,, Verf.-Gesetze S. 42 fg. 235 fg.
1) Hauptsächlich: Domänen (in selbständigen Haushaltungen verpachtet, neben einzeln in
Pacht gegebenen Acker-, Wiesen= und Gartengrundstücken), Forsten und Jagden (auf dem
Domanial= und Forstbesitz), Bergwerke (/ der Kommunionbergwerke am Harz). Verwaltende
Behörde: die Kammer (s. & 16 S. 38).
2) G. vom 23. Februar 1855 Nr. 14, LA. vom 5. September 1855 Nr. 47, Art. 3 u. 4.
3) Darunter namentlich das herzogl. Museum zu Braunschweig und die wolfenbüttler
Bibliothek (NLO. § 222) sowie die Technische Hochschule zu Braunschweig.
4) Otto, 59, S. 128.