Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band 4. Das Staatsrecht des Herzogtums Braunschweig. (4)

86 Zweiter Abschnitt. Das Finanzwesen. 8 26. 
  
über dem eigentlichen Staatsvermögen hat auch auf die Gestaltung des 
Etatswesens bestimmend eingewirkt. Anstatt eines einheitlichen Staatshaushalts- 
etats werden verfassungsmäßig vier gesonderte Etats neben einander aufsgestellt, 
für deren Einrichtung der Finanznebenvertrag die grundlegenden Anordnungen 
getroffen hat. Diese Etats sind: 
1. Für das Kammergut der Etat der Kammerkasse. Den Einnahmen 
(Domanialpachten, Erträge der Forsten, Jagden und der Bergwerke, Kapital- 
zinsen) stehen als Ausgaben gegenüber das landesfürstliche Reservat, die Ver- 
waltungsausgaben der Kammer (darunter namentlich die Gehälter der Beamten 
in den drei Direktionen der Behörde), Verwendung zur Erhaltung des Kam- 
merguts (Bauten, aber auch die Kosten des Landgestüts) und Rückzahlungen 
an den Kammerkapitalfonds (teils auf vielfache vorschußweise Verwendungen für 
außerordentliche Anforderungen, teils zur Zurückerstattung und Verzinsung der 
zur Tilgung der Kammerschuld ihm entnommen Summen). Der Abschluß des 
Etats weist den dem Staatshaushalt zuzuführenden Ueberschuß vom Kammer- 
gut nach 1). 
2. Für den Kloster= und Studienfonds die beiden Etats der Klosterver- 
waltungs= und der Klosterreinertragskasse. Der Etat der ersteren Einnahmen: 
Pachten der Klostergüter, Anteil — 7/100 — an den Forstaufkünften des Landes 
und Kapitalzinsen; Ausgaben: Kosten der Erhaltung der Güter und Rückzah- 
lungen an den Klosterkapitalfonds) schließt ab mit dem der Klosterreinertrags- 
kasse zuzuführenden Verwaltungsüberschuß z). Bei der Unzulänglichkeit des- 
selben zur Bestreitung der der Klosterreinertragskasse teils verfassungsmäßig obliegen- 
den, teils nach und nach aufgebürdeten Lasten (Landeskonsistorium, Beiträge zum 
Einkommen und Ruhegehalt der Geistlichen, Unterstützungen, Unterhaltung der 
höheren Bildungsanstalten (s. S. 73 Anm. 3) auch der Gymnasien, Zuschüsse für Ge- 
meindeschulen, Baukosten, „Fundationen“, wie: Irrenanstalt zu Königslutter, Herzogl. 
Krankenhaus zu Braunschweig, Erziehungsanstalt Wilhelmsstift zu Bevern) hat jedoch 
schon seit einer langen Reihe von Jahren trotz der dem Kloster= und Studienfonds 
wiederholt zugeführten Verstärkungen der Staatshaushalt dem Etat jener Kasse 
mit reichlichen Zuschüssen zu Hilfe kommen müssen 3). Etwaige Ueberschüsse 
würden bestimmungsgemäß nicht, wie die des Kammerguts, schlechthin zur 
Bestreitung der Gesamtheit der Staatsausgaben zu verwenden, sondern der 
Hauptfinanzkasse zur gesonderten Verwaltung für die dem Klosterreinertrag ob- 
liegenden Sonderzwecke abzuliefern sein. Der Klosterreinertragsetat, an sich ein 
Zweigetat des eigentlichen Staatshaushaltsetats, ist demnach von letzterem zwar 
abhängig bezüglich seines Mehrbedarfs, unabhängig bezüglich seiner Ueber- 
schüsse. 
3. Für die gesamte übrige Landesfinanzwirtschaft der eigentliche Staats- 
haushaltsetat. Unter seinen Einnahmen sind neben den direkten und indirekten 
  
1) Im Etat für die Finanzperiode 1908.10 jährlich: 1890 300 M. 
2) Nach dem Etat für 1908/10 jährlich rund: 1 433 300 M. 
3) Der Fehlbetrag ist in den Etats für 1908°·10 mit der Anschlagssumme von 4291 600 M. 
für die Finanzperiode eingestellt.
	        
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