Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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weshalb weder eine einzelne Person eine Gemeinde bilden könne, noch ein ein- 
zelnes Grundstück, das sich höchstens zu einem Lokalpolizeibezirk eignen möge, 
daß diese Auffassung auch in den §58 41 bis 56 der N. L.-O. anerkannt 
werde, da in Beziehung auf einzelne Güter und ihre Besitzer weder ein Ge- 
meindeverband, noch eine Gemeindeverfassung (§ 44), weder ein vom Privat- 
vermögen des Besitzers gesondertes Gemeindevermögen, noch ein Oberaussichts- 
recht des Staates über solches (§ 46), noch eine Gemeindeleistung (§ 49), 
weder ein Gemeindevorstand (§ 42), noch die Wahl eines solchen (§ 55) 
denkbar sei, 
daß ferner auch die Verhältnisse der größeren Güter nicht von solcher 
Bedeutung erscheinen könnten, um die Schaffung einer eigenen Art von Land- 
gemeinden für die aus ihnen und Dorfgemeinden bestehenden Verbände zu 
rechtfertigen, und 
daß endlich ein inneres, selbständiges Gemeindeleben, auf dessen Erweckung 
die Gesetzgebung vornehmlich gerichtet werden müsse, aus der vorgeschlagenen 
Zerteilung der Gemeinden nicht erwartet werden dürfe. 
Gegen den § 96 hingegen wandte man mit Fug und Recht ein, 
daß der allgemeine Begriff der Rechtspersönlichkeit Einheit des Willens 
voraussetze, es bei der Bestimmung des § 96 an einem Gesamtwillen aber 
überhaupt fehle, 
daß der Ausweg, der die Ordnung der ungelösten Fragen der Ver- 
waltungsbehörde überweise, die Selbständigkeit der Dorfgemeinden sowohl, als 
der Güter, zu einem leeren Schein herabsinken lasse, und 
daß die durch den § 96 herbeigeführte Zurücksetzung der kombinierten 
Landgemeinden in Beziehung auf ihre Selbstverwaltung gegenüber den Dorf- 
gemeinden durch kein staatsrechtliches Prinzip und durch keine Rücksicht der 
Zweckmäßigkeit zu begründen sei, zumal wenn man das Zufällige jenes Um- 
standes und die Tatsache sich vergegenwärtige, daß infolge der Ablösungsordnung 
die Landbewohner sich meistens schon von dem früheren Verhältnisse der realen 
Abhängigkeit von den Gutsherren freigemacht hätten oder doch in der Lage 
dazu seien, daß also diejenigen Rücksichten, die früherhin eine abgeschlossene 
Stellung jener großen Güter hätten bedingen mögen, ihre Grundlage verloren 
hätten. 
Andere Streitpunkte von Bedeutung betrafen das von der Regierung in 
Anspruch genommene Recht, die Bildung neuer Gemeinden auch gegen den 
Widerspruch der Beteiligten im Verordnungswege zu verfügen, die Beschränkung 
des Stimmrechts in den Dorfgemeinden auf die Besitzer der Reihestellen und 
die Einengung der Selbstverwaltung der Gemeinden durch das Aufsichtsrecht 
der Amter. Als das Ministerium in keiner dieser Fragen nachgab, erfuhr nach 
langwierigen Verhandlungen der Gesetzentwurf in der Sitzung vom 9. Januar 
1845 eine entschiedene Ablehnung (mit 31 gegen 13 Stimmen, unter den 
letzteren die von neun Rittergutsbesitzern). — Erst dem 6. ordentlichen Land- 
tage war es vorbehalten, die Verhältnisse der Landgemeinden in zeitgemäßer 
Weise zu ordnen und in Durchführung der Grundsätze der N. V.-O. das System
	        
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