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2) Die auch in anderen deutschen Verfassungsurkunden sich findende Be-
zeichnung der Stände als der Vertreter der Gesamtheit der Landeseinwohner
hat keine positive, juristische Bedeutung. Die Stände haben Vollmacht oder
Auftrag weder von ihren Wählern — dem widerspricht schon der § 57, wie
der § 132 —, noch von der Gesamtheit der Staatsangehörigen, denn diese
Gesamtheit ist kein Rechtssubjekt, juristisch daher ohne Willen und außer
Stande, Rechte durch Vertreter auszuüben. Die Stände üben vielmehr die
nach der Verfassung ihnen zustehenden Befugnisse aus als ein öffentliches Amt,
mag es ihnen mittels einer Wahl, oder auf Grund einer Berufung seitens des
Landesherrn Übertragen sein; sie sind im Rechtssinn, wie jetzt fast durchgängig
anerkannt wird, „ein aus Wahlen der Bevölkerung hervorgehendes Organ
des Staates“ (G. Meyer, Staatsrecht, S. 265), und zwar dasjenige
Organ, durch welches „der Antheil der Staatsangehörigen an den Willens-
entschlüssen und der Lebensthätigkeit des Staates vermittelt und ausgeübt wird“
Laband, Staatsrecht, Bd. 1, S. 273). Die Landschaft steht nicht mehr, wie
in früheren Zeiten, dem Landesherrn gegenüber als eine privilegierte Körper-
schaft, die mit ihm unter den Formen eines privatrechtlichen Vergleiches eine
Verständigung sucht; die Landesvertretung trägt vielmehr gegenwärtig den
staatsrechtlichen Charakter eines „öffentlichen Kollegiums“ (v. Gerber, Grund-
züge des deutschen Staatsrechts, S. 134; Schulze, Deutsches Staatsrecht J,
S. 460; G. Meyer, Staatsrecht S. 266, während Zachariae und Zöpfl
am Begriff einer öffentlich rechtlichen Korporation festhalten). Insoweit ihr
die Rechte einer juristischen Person etwa noch zustehen, ist darin nur eine völlig
nebensächliche, zufällige, für ihr inneres Wesen durchaus gleichgültige Eigen-
schaft zu erblicken. An dem Fortbestande dieser Rechte läßt sich allerdings in
Beziehung auf die „Landschaft“ des Herzogtums, da die Umwandlung der
„Landstände“ in die „Landesversammlung“ nur die Umgestaltung der äußeren
Zusammensetzung zum Ausdruck bringen will (Gesetz vom 22. November 1851
Nr. 48, § 28), kaum zweifeln. Die N. L.-O. erwähnt noch die Kapitalien
und Grundstücke (landschaftliches Haus) der Landschaft (§ 127); die Prozeß-
fähigkeit der Ständeversammlung und des Ausschusses ist als fortdauernd an-
gesehen in der Bekanntmachung, die Bestallung des Landsyndikus betreffend,
vom 26. Oktober 1833 (§ 12, unter 2), die Landschaft stellt eigene Beamte
an, die besonderen Dienstgesetzen unterstehen (uvgl. S 115, Anm. 3), und unter
den Grundstücken der juristischen Personen, die nach § 90 der Reichs-Grund-
buchordnung nur auf Antrag ein Grundbuchblatt erhalten, nennt die Ausf.-V.-O.
vom 12. Juni 1899 Nr. 50 im § 1 auch die Grundstücke der Landschaft.
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Die gesammte Landschaft bildet ein ungetrenntes Ganzes!).
1) So auch schon die Landschaft der altständischen Zeit trotz der verschie-
denen Kurien und die Stände nach § 2 der E. L.-O. ungeachtet der Einteilung
der Landschaft in zwei an Rechten und Ansehen einander völlig gleiche Sektionen.
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