Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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Juden hat decken können und sich die Gläubiger, bei denen er Einlager hielt, 
nicht anders vom Halse zu schaffen weiß, ersucht er die Abte, Prälaten und 
Kleriker, Mannen (milites) und Bürger in Lüneburg, eine Besteuerung der 
Salinen ihm verstatten zu wollen 1), wie es scheint, der erste urkundlich bezeugte 
Vorgang im Bereich der welfischen Lande, gelegentlich dessen die Stände gemein- 
sam genannt werden. Aber noch sind diese nicht korporativ zusammengefaßt, 
noch verhandelt der Landesherr mit den angesehenen Ministerialen, den auf- 
blühenden Städten, den reich begüterten Klerikern gesondert, je nach Anlaß und 
Zweck seines Begehrens, und erst von der Mitte des 14. Jahrhunderts an 
mehren sich die Belege dafür, daß die drei Stände, welche „die Herrschaft im 
Lande haben“", anfangs im Fürstentum Lüneburg, einige Jahrzehnte später auch 
im braunschweigischen Teil, zum gemeinsamen Nutz und Frommen in engerer 
Vereinigung zusammentreten?). Im Lande zu Lüneburg war es vornehmlich 
der nach dem Tode des Herzogs Wilhelm (7 1369) sich erhebende, langwierige 
Streit um die Erbfolge, der den Zusammenschluß der Stände beschleunigte, 
unter den letzteren hauptsächlich den Städten zeitweise zu entscheidender Bedeu- 
tung verhalf und schließlich in der denkwürdigen „Sate“ vom 20. September 
1392 die Machtbefugnisse der Stände zu einem Höhepunkt steigerte, welcher die 
landesherrliche Gewalt völlig in den Schatten zu stellen drohte, freilich auch auf 
die Dauer nicht behauptet werden konnte. In der Herrschaft zu Braunschweig 
wird der Mitwirkung der Stände wiederholt gedacht bei dem Abschluß der Haus- 
verträge, die eine weitere Zersplitterung des fürstlichen Erbes zu verhüten be- 
zweckten. Unter diesen Verträgen ist am bemerkenswertesten die Erbeinigung 
vom 21. Juli 1415 — ein Versuch, die vollständige Vereinigung des gegen- 
wärtigen und künftigen Besitzes beider Linien des Gesamthauses mit gemein- 
samer Erbhuldigung und Gesamtregierung durch den Altesten beider Linien zu 
begründen, unter Einsetzung eines aus Mitgliedern der Nitterschaft und Ab- 
geordneten der Städte beider Herrschaften bestehenden Regentschaftsrates und 
unter dem Gebot an die Stände, demjenigen Fürsten, der eine Teilung ver- 
langen werde, die Huldigung zu weigern. Allein gegenüber der privatrechtlichen 
Auffassung der Landeshoheit war der Staatsgedanke noch zu wenig ausgebildet, 
als daß eine solche Vereinbarung hätte Bestand haben können, wie denn schon 
im Jahre 1428 jene neue Erbauseinandersetzung sich vollzog, die das mittlere 
Haus Braunschweig und das mittlere Haus Lüneburg entstehen ließ (s. oben 
S. 2) und die beiden Lande dauernd von einander geschieden hat. Als damals der 
Kaiser Sigismund es unternahm, die Teilung anzufechten, waren es wiederum 
die Landstände, die, als von ihren Fürsten erwählte Schiedorichter, diesen Ver- 
such zurückwiesen 3). Sie vermittelten zu wiederholten Malen in den Händeln, 
  
1) Urkunde vom 22. April 1263, Sudendorf, I, Nr. 56. 
2) Der Wolfenbüttler Landtag von 1314, dessen ältere Quellen gedenken, zuerst 
wohl Engelbrecht, Diss. de genuinis decisionum fontibus in terris brunsvico- 
luneb. 1709, ist nirgends nachzuweisen. 
) Siehe das Nähere bei Zachariae, Succerisionsrecht im Gesamthause Braun- 
schweig-Lüneburg, S. 71.
	        
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