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zuzulassen, zurückgekehrt ist, so entgeht es den gegen die bisherige Bestimmung
mit Recht erhobenen Einwendungen und entspricht zugleich Rücksichten der
Billigkeit, da sonst die Geistlichen der evangelischen Kirche — wie es auch der
Entwurf von 1873 vorgesehen hatte — dem Wahlkörper der wissenschaftlichen
Berufsstände hätten eingereiht werden müssen. Die Abgeordneten der Geistlich—
keit bilden nun gleichsam eine besondere Abteilung der wissenschaftlichen Berufs-
stände, allerdings mit der auffälligen Bevorzugung, daß ihrem Wahlkörper außer
den geistlichen Mitgliedern des Konsistoriums, den Generalsuperintendenten und
Spezialsuperintendenten die in einem Gemeindepfarramte stehenden selbständigen
Geistlichen und die evangelisch-lutherischen Anstaltsgeistlichen ausnahmslos an-
gehören (Wahlgesetz 5 5, nach der Novelle vom 2. März 1903 Nr. 7),
während die Mitglieder des Wahlkörpers der wissenschaftlichen Berufsstände
mindestens das 35. Lebensjahr zurückgelegt haben müssen (s. Anm. 1). Eine
weitere, aus der Fassung der §§ 5 und 8 des Wahlgesetzes vom 6. Mai
1899 hervorgehende Folgerung, wonach die emeritierten Geistlichen fortan ge-
meinsam mit den übrigen wissenschaftlichen Berufskreisen zu wählen hatten, hat
den Landtag sehr bald zu dem Antrage veranlaßt, diese Absonderlichkeit dadurch
aus der Welt zu schaffen, daß man den allgemeinen Grundsatz, den Beamten
auch nach der Versetzung in den Ruhestand ihr Wahlrecht im bisherigen Be-
rufskreise zu belassen, auch auf die Geistlichen nach der Emeritierung ausdehnen
möge (Bericht der Justizkommission vom 19. Mai 1900 — Anl. 73 der Ver-
handlungen des 25. ordentl. Landtages — und Beschluß der Landesversamm-
lung vom 26. desselben Monats). Die Regierung lehnte diesen Vorschlag ab,
weil sie eine von und aus der Zahl der im Amte befindlichen Geistlichen ge-
wählte Standesvertretung erhalten zu sehen wünsche und weil jene Anderung
des Wahlgesetzes auch eine Anderung des Verfassungsgesetzes über die Zu-
sammensetzung der Landesversammlung bedinge, die man ohne gewichtige Gründe
nicht vornehmen solle (Schreiben des Staatsministeriums vom 13. März 1902,
Anl. 68 der Verhandlungen des 26. ordentl. L.-T.). Als aber im späteren
Verlaufe der Verhandlungen der Antrag von der Justizkommission (Bericht
vom 1. November 1902, Anl. 139) wiederholt war, schlug der Staatsminister
v. Otto in der Landtagssitzung vom 22. November 1902 zur Vermittelung der
Gegensätze vor, mit dem Ausscheiden des Geistlichen aus dem Amte künftig
dessen Wahlrecht im Wahlkörper der wissenschaftlichen Berufsstände — und zwar
ohne anderweiten Ersatz dafür — in Fortfall zu bringen. Da sich weitere
Zugeständnisse kaum erreichen ließen, so stimmte die Landesversammlung diesem
Ausweg zu, der dann durch Aufnahme eines entsprechenden Zusatzes zu § 5 des
Wahlgesetzes beschritten worden ist und den man in gewissem Sinne ja auch
wohl als einen Akt der „ausgleichenden Gerechtigkeit“ bezeichnen mag, indem
er das, was den Mitgliedern des Wahlkörpers der Geistlichkeit auf der einen
Seite — mit dem Privilegium der früheren Altersreife zur Wahlberechtigung
— zu viel gegeben war, auf der anderen Seite wieder abzwickte, doch wird als
eine besonders befriedigende Lösung der Streitfrage jenes Auskunftsmittel kaum
erscheinen können. — Für die von der evangelischen Geistlichkeit ausgehenden