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3) Wird ein Landesgesetz abgeändert oder ergänzt, so ist hinsichtlich der Form
der alsdann erforderlichen Mitwirkung der Stände — Zustimmung oder Rat
und Gutachten — für maßgebend zu halten ausschließlich der materielle Inhalt
der abzuändernden bzw. zum Ersatz neu einzufügenden Bestimmungen, ohne
Rücksicht auf die Art und Weise, in der bei dem abzuändernden Gesetz als
Ganzem die ständische Mitwirkung stattgefunden hat. Es würde demnach sehr
wohl ein Gesetz, welches (wie beispielsweise die Medizinalordnung) dem größeren
Teil seines Inhaltes nach (Ordnung der Apotheken u. dgl.) unter den Bereich
des § 99 der N. L.-O. fällt, in einem einzelnen Abschnitt jedoch organisatorische
Staatseinrichtungen trifft (Medizinalkollegium) und daher als Ganzes mit
Zustimmung der Landesversammlung erlassen ist, in Beziehung auf einzelne
Bestimmungen, für die wiederum nur der § 99 in Betracht kommt, abgeändert
werden können lediglich nach angehörtem Rat und Gutachten der Landes-
versammlung oder auch (N. L.-O. § 123) des Ausschusses. Diese Ansicht
hat schon auf dem 1. ordentl. Landtage bei der Beratung des Gesetzes wegen
Abänderung des § 14 der modifizierten Gewerbe= und Gildeordnung vom
29. Oktober 1821 der Minister von Schleinitz mit Entschiedenheit gegenüber
den Bedenken der Landtagskommission vertreten. „Welches auch die Art der
ständischen Mitwirkung bei der Erlassung der modifizierten Gewerbe= und
Gildeordnung gewesen sein möge, so wird man doch zugeben müssen, daß es
bei einer jetzigen Abänderung behufs Bestimmung der Art der Mitwirkung der
Stände nicht darauf, sondern auf die Natur der Gildeordnung ankomme
und daß also, da diese offenbar in die Kategorie der landespolizeilichen Be-
stimmungen gehört, auch nicht die Zustimmung, sondern das Gutachten und
der Rat der Stände erforderlich ist. Es wird durch diesen allgemeinen Grund-
satz fast überflüssig, zu bemerken, daß überdies die fragliche Gildeordnung vom
29. Oktober 1821 der damaligen Verfassung gemäß nicht unter Zustimmung,
sondern „nach geschehener Beratung und einverständlich mit der Landschaft er-
lassen worden“ (Schreiben des Staatsministeriums vom 6. März 1835 —
Drucksachen des 1. ordentlichen Landtages, Anl. A zu Protokoll 230). Die
Landtagskommission hat damals die streitige Frage auf sich beruhen lassen und
für den Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zu der in Rede stehenden
Gesetzesvorlage andere Rechtsgründe hervorgesucht, ohne indessen auch mit
diesen durchzudringen (Protokoll vom 9. April 1835). Um so auffälliger
daher, daß von der Landesregierung selbst in der Praxis seither regelmäßig nach
den von ihr bei jenem Anlaß bekämpften Grundsätzen verfahren und bei Vor-
legung einer Gesetzesnovelle für die Mitwirkung der Landesversammlung oder
des Ausschusses durchgängig die nämliche Form in Antrag gebracht worden
ist, wie bei Erlaß des abzuändernden Gesetzes. — Agl. auch Ausschußbericht
vom 9. Jannar 1904 (Anlage 5 der Verhandlungen des 27. ordentl. Land-
tages).