— 196 —
2. wenn dieses Landesgrundgesetz verletzt wird und Anträge
zu dessen Schutze zu machen sind, insbesondere, wenn
der Landtag nicht innerhalb der gesetzlichen Frist?)
berufen wird;
3. wenn der ständische Ausschuß zu ergänzen ist“);
l(4. wenn bei dem Landesgerichte von der Landschaft zu be-
setzende Vacanzen zwischen den Landtagen, und zwar vier
Monate vor der Versammlung des nächsten Landtages,
entstanden sind 5)sj;
5. wenn die Stelle des Landsyndicus erledigt ist.
In einer solchen Versammlung darf nichts vorgenommen
werden, als der Gegenstand, der sie veranlaßt hat.
Nach einer von dem Landesfürsten verfügten Auflösung der
Ständeversammlung 6)) kann das Convocationsrecht vor Eröffnung
des Landtags nicht ausgeübt werden, ausgenommen in dem unter
1. aufgeführten Falle.
1) Das Recht der Stände, in „zugelassenen Fällen“ zur Beratschlagung
der Landesnotdurft zusammenzutreten, wird schon im L-A. vom 27. Januar
1619 Art. 38 als eine hergebrachte, alte Landesfreiheit bezeichnet. Den
Worten in „zugelassenen Fällen“ hatte, obwohl unzweifelhaft damit auf ältere
Anerkenntnisse, Verträge und das Herkommen verwiesen wurde, der Herzog.
Karl Wilhelm Ferdinand (1801) und zuletzt noch Karl II. (1829) die Deu-
tung zu geben versucht, als ob es vom Belieben des Landesherrn abhänge, im
einzelnen Falle eine Konvokation der Landschaft zuzulassen. Die E. L.-O.
gestattete eine solche, wenn „die Mitglieder der Landschaft eine besondere Ver-
anlassung zu haben glaubten, über Gegenstände von gemeinsamem Interesse
sich zu beratschlagen“ (§ 39); der Versuch der Regierung, das Konvokations-=
recht durch die Vorschrift, daß das Zusammentreten der Stände in jedem Falle
der vorherigen Erlaubnis des Landesfürsten bedürfe, lahm zu legen, war an
dem hartnäckigen Widerstande beider Sektionen gescheitert. Vom Konvokations-
recht ist in früheren Zeiten nachweislich häufig Gebrauch gemacht, zuletzt noch
im Jahre 1830. Seitdem die Landtage in bestimmter regelmäßiger Wiederkehr
gehalten werden müssen, hat das „Palladium landständischer Freiheit“ an seiner
alten Bedeutung viel verloren. Außer in Braunschweig ist eine Versammlung
der Stände ohne Berufung des Landesherrn nur noch zugelassen in Sachsen-
Weimar (L.-Gr.-G. vom 22. Oktober 1850, § 34, Abs. 3), falls nach Auf-
lösung des Landtages nicht rechtzeitig Neuwahlen ausgeschrieben werden, in
Sachsen-Koburg-Gotha im Falle des etwaigen lierganges des Thrones an ein
anderes Herrscherhaus, sowie bei jedem Regierungswechsel zum Zweck der Ent-
gegennahme der verfassungsmäßigen Eideoleistung des Thronfolgers (L.-Gr.-G.