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neten übereinstimmend anerkannt ist (Sitzung vom 12. Mai 1849), auch auf
die Erteilung von Militärchargen und sie hat herkömmlich auch Anwendung
gefunden auf Verleihung von Orden und Ehrenzeichen. Nicht hierher gehören
dagegen die persönlichen Kundgebungen des Landesherrn, z. B. die Antwort auf
eine Adresse der Stände u. a. In Beziehung auf Kirchengesetze und Kirchen-
verordnungen ist die Notwendigkeit der Kontrasignatur ausdrücklich festgestellt
durch § 4, Abs. 2 des Gesetzes vom 27. März 1882 Nr. 16. Sie ersetzt
hier das placetum regium, dessen der Staat bei anderen Konfessionen bedarf.
Durch die Kontrasignatur eines Kirchengesetzes übernimmt daher das betreffende
Mitglied des Staatsministeriums die Verantwortlichkeit dafür, daß das Gesetz
nichts enthält, was den staatlichen Normen widerstreiten und die staatlichen
Interessen beeinträchtigen würde.
2) Neben den Regierungshandlungen, welche die Unterschrift des Landes-
herrn tragen, hat sich aus der älteren Zeit eine Form landesfürstlicher Erlasse
in Ubung erhalten, in welcher die Unterschrift des Landesherrn durch die Bezug-
nahme auf dessen besondere Anordnung („auf höchsten Spezialbefehl“) ersetzt
wird. Ihre Zulässigkeit wird ausdrücklich anerkannt im Z.-St.-D.-G. vom
12. Oktober 1832 Nr. 21, § 7 (ietzt: Z.-St.-D.-G. von 1889, 5 5, Abf. 2)
und hinsichtlich der Kirchengesetze und Kirchenverordnungen im Gesetz vom
27. März 1882 Nr. 16, 8 4.
8 156.
d) Verantwortlichkeit der Mitglieder des Staatsministeriums.
Die stimmführenden Mitglieder des Staatsministeriums sind
insbesondere für die Verfassungs= und Gesetzmäßigkeit der von
ihnen contrasignirten oder unterzeichneten Verfügungen verant-
wortlich:) 2).
Diese Verantwortlichkeit trifft denjenigen höchsten Staats-
beamten, welcher contrasignirt oder unterzeichnet hat, persönlich,
und ohne Zulassung der Berufung auf eine vorher mündlich
oder schriftlich erklärte abweichende Meinung 5).
1) Während die Kontrasignatur als ein Mittel, die Echtheit der Erlasse
zu verbürgen oder Mißbrauch der Namensunterschrift des Fürsten zu verhüten,
schon durch ein Reskript des Herzogs August Wilhelm vom 29. Mai 1714
angeordnet war und während nach der E. L.-O. sogar alle nicht mit ihr ver-
sehenen Verfügungen des Landesherrn in Landesangelegenheiten als erschlichen
gelten sollten, ist die persönliche, rechtliche Verantwortlichkeit der kontra-
signirenden Minister erst durch die N. L.-O. begründet. Vgl. auch Otto,
Staatsrecht, S. 103, Anm. 4. Die Aufnahme dieses Grundsatzes in die Ver-
fassung ist zwar angeregt von der landständischen Kommission, durchgesetzt aber
dem widerstrebenden Gesamtministerium gegenüber im wohlverstandenen, eigenen