Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

— 257 — 
§ 173. 
11. Steuer-Verwilligung. 
a) Recht und Pflicht der Verwilligung. 
Die Stände haben das Recht, daneben aber zugleich die Pflicht, 
die zur Erreichung der Staatszwecke erforderlichen Mittel zu be- 
willigen, insoweit dieselben aus den Ueberschüssen des Cammerguts 
und dem übrigen Staatsvermögen nicht bestritten werden können#). 
Insbesondere dürfen sie nie die Deckung derjenigen Ausgaben 
verweigern, welche auf den Grund verfassungsmäßig entstandener 
Verbindlichkeiten aus den Staatscassen gefordert werden können2). 
1) Während noch der § 93 des ersten Entwurfes nur das Steuerbewilli- 
gungsrecht der Landstände zum Ausdruck brachte, betont der § 173 daneben 
zugleich die Pflicht, die zur Erreichung der Staatszwecke erforderlichen Mittel 
zu bewilligen, und bezeichnet damit den Gegensatz zu den Zuständen im alten 
Patrimonialstaat, in welchem, abgesehen von wenigen besonderen Einzelfällen, 
ein Steuerbeitrag nicht gefordert, sondern nur erbeten werden konnte. In Be- 
ziehung auf den Inhalt dieser Pflicht schrieb der Art. 2 des Bundesbeschlusses 
vom 28. Juni 1832 (die sog. sechs Artikel, veröffentlicht im Herzogtum durch 
Bekanntmachung vom 31. Juli 1832 Nr. 11) vor: „Da nach dem Geiste des 
Art. 57 der Schlußakte und der hieraus hervorgehenden Folgerung, welche der 
Art. 58 ausspricht, keinem deutschen Souverän durch die Landstände die zur 
Führung einer den Bundespflichten und der Landesverfassung entsprechenden 
Regierung erforderlichen Mittel verweigert werden dürfen, so werden Fälle, in 
welchen ständische Versammlungen die Bewilligung der zur Führung der Re- 
gierung erforderlichen Steuern auf eine mittelbare oder unmittelbare Weise 
durch die Durchsetzung anderweiter Wünsche und Anträge bedingen wollten, 
unter diejenigen Fälle zu zählen sein, auf welche die Art. 25 und 26 der 
Schlußakte (Anrufung der Bundeshilfe) in Anwendung gebracht werden müßten." 
Die Bestimmungen dieses Bundesbeschlusses erregten vielfach Befürchtungen, 
als wenn dadurch den landständischen Befugnissen engere Schranken, als in den 
Landesverfassungen gezogen waren, gesetzt werden sollten, und sind demnach in 
verschiedenen Bundesstaaten nur unter gewissen Verwahrungen publiziert. In 
den Beratungen der braunschweigischen Ständeversammlung riefen sie die Be- 
sorgnis hervor, es könne der § 173 dahin gedeutet werden, daß die Frage, 
welche Mittel „zur Erreichung der Staatszwecke“ für erforderlich zu halten 
seien, in Zukunft ausschließlich der Beurteilung der Regierung unterliegen solle. 
Auf ein Ersuchen um Aufschluß hierüber ward aber der geäußerte Argwohn 
unter Verweisung auf die übrigen Bestimmungen des Kapitels 6 der N. L.-O., 
insbesondere des § 185 für unbegründet erklärt. „Denn wenn einerseits die 
Stände die Verpflichtung haben, nicht nur die Ausgaben, deren Notwendigkeit 
und Größe verfassungsmäßig feststeht, zu bewilligen, sondern auch diejenigen, 
welche zur Führung der Regierung oder für die Wohlfahrt des Landes erforder- 
Rhamm, Verfassungsgesetze. 2. Aufl. 17
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.