— 294 —
8 205.
15. Vergehen im Auslande.
Landeseinwohner, welche im Auslande strafbare Handlungen
begangen haben, können im hiesigen Staatsgebiete nicht anders
zur Untersuchung und Strafe gezogen werden, als insofern jene
Handlungen nach gemeinem Deutschen Criminalrechte mit Strafen
bedrohet sind.
Gegen Fremde, welche im Auslande Vergehen begangen haben,
können die hiesigen Gerichte nur verfahren, wenn ein Verbrechen
gegen den hiesigen Staat oder gegen Landeseinwohner begangen
ist, oder zufolge einer von der Landesregierung erhaltenen Er-
mächtigung!).
1) Der Paragraph ist außer Kraft gesetzt durch R.-St.-G.-B. 8§ 4 bis 6.
Der Begriff des „Auslandes“ jetzt: ebendaselbst § 8.
8 206.
16. Auslieferung der Verbrecher.
Die Auslieferung von Landeseinwohnern an fremde Regie-
rungen findet nicht statt.
Die Auslieferung von Fremden an auswärtige Regierungen
darf nicht ohne Genehmigung der Landesregierung geschehen.
Diese wird nicht versagt werden, wenn die Auslieferung von
einer Regierung der Staaten des Deutschen Bundes verlangt
wird, gegen den Auszuliefernden von der zuständigen Behörde ein
Verhaftsbefehl erlassen, und derselbe entweder Unterthan des requi-
rirenden Staats, oder eines in dessen Gebieten begangenen, nach
gemeinem Deutschen Criminalrecht mit Strafe bedroheten Ver-
gehens beschuldigt ist, und endlich, wenn die requirirende Regierung
gleiche Grundsätze gegen den hiesigen Staat befolgt.
Alle diese Bestimmungen gelten jedoch nur unbeschadet der
Vollziehung der über die Auslieferung der Verbrecher bereits be-
stehenden oder künftig, und zwar insofern sie die Rechte der
Landeseinwohner betreffen, mit Zustimmung der Stände abzu-
schließenden Staats-Verträgel).
1) Der an die Spitze des Paragraphen gestellte Grundsatz erlitt eine
Einschränkung schon durch den Bundesbeschluß vom 18. August 1836 in Be-