Full text: Die Verfassungsgesetze des Herzogtums Braunschweig.

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können, als subsidiäre zwar bestehen bleiben, aber nur so lange zur Anwendung 
kommen, bis die Kirchengewalt unter Zustimmung der Landessynode etwas 
anderes beschließt (§ 3). Entsprechend diesen Grundsätzen wird daher, während 
in früherer Zeit bei dem Erlaß mancher Gesetze eine genaue Sonderung beider 
Gewalten nicht innegehalten ist (so namentlich nicht bei dem Gesetz über Er— 
richtung von Kirchenvorständen vom 30. November 1851 Nr. 52, dem Gesetz 
über die von den Katholiken zu entrichtenden Stolgebühren vom 18. Mai 1864 
Nr. 26, dem Gesetz über Aufbringung der Parochiallasten vom 18. Juni 1864 
Nr. 30 und der Synodalordnung vom 31. Mai 1871 Nr. 34), das einzelne 
Gesetz nunmehr lediglich als Staats= oder als Kirchengesetz erlassen; bedingt 
der Erlaß eines Kirchengesetzes das Hinzutreten der staatlichen Gesetzgebung, so 
erfolgt die erforderliche gesetzliche Anordnung mittels je eines besonderen Kirchen- 
gesetzes und eines gleichzeitigen Staatsgesetzes (§ 4, vgl. z. B. Gesetz vom 
15. Juni 1890 Nr. 70 und vom 1. Dezember 1890 Nr. 71, auch die Gesetze 
vom 6. Mai 1893 Nr. 21 und 22, während bei den Gesetzen vom 16. Mai 
1893 Nr. 25 und 26 auf die dem Kirchenvorstandsgesetz, zu dessen Er- 
gänzung sie größtenteils dienen, gegebene Eingangsformel wiederum zurück- 
gegriffen ist). Über die Form der Veröffentlichung von Kirchenverordnungen 
siehe § 1 des Gesetzes vom 27. März 1882. — Das staatliche Oberaufsichts- 
recht wird für die evangelisch-lutherische Landeskirche bei der Gesetzgebung da- 
durch geübt und das anderen Konfessionen gegenüber dem Staat zustehende 
placet dadurch ersetzt, daß die Veröffentlichung der Gesetze mittels kontrasignierter 
landesfürstlicher Verordnung oder auf höchsten Spezialbefehl, also stets nach 
vorgängiger staatlicher Beratung erfolgt (§ 4); jedes unterzeichnende Mitglied 
des Staatsministeriums ist demnach dafür verantwortlich, daß die Interessen 
des Staates nicht beeinträchtigt werden, mithin insbesondere dafür, daß die 
Lirhngeses= nichts den staatlichen Normen Zuwiderlaufendes enthalten (Pro- 
memoria, S. 11). Über die staatliche Oberaufsicht in betreff der kirchlichen 
Verwaltung: v. Schmidt-Phiseldeck, Das evangelische Kirchenrecht des 
Herzogtums Braunschweig, § 8 und 9. 
3) Der § 2 des Gesetzes vom 27. März 1882 Nr. 16 hat zwar den 
Kreis der als rein geistliche Angelegenheiten anzusehenden und demnach der 
kirchlichen Gesetzgebung vorbehaltenen Gegenstände näher abgegrenzt, doch können 
im Einzelfalle Zweifel darüber entstehen, ob nicht eine der gesetzlichen Ordnung 
bedürftige Angelegenheit über das Gebiet jener Gegenstände hinausgreift. Da 
alsdann das ausschließliche Ermessen der Landesregierung in Wirksamkeit tritt, 
so ist der Schlußsatz des § 212 nicht ohne Bedentung geblieben. 
§ 213. 
3. Kirchengewalt in der evangelisch-lutherischen 
Kirche. 
In der evangelisch-lutherischen Kirche steht die Kirchengewalt 
dem Landesfürsten zu, welcher sie unter Mitwirkung und Bei-
	        
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